In diesem Beitrag stellt Madlin Poksans folgenden Aufsatz vor:
Jakob, Christian (2016): Die Bleibenden. Flüchtlinge verändern Deutschland; in: Aus Politik und Zeitgeschichte 14-15/2016, online unter: https://www.bpb.de/shop/zeitschriften/apuz/223914/die-bleibenden/.
Die Bewegung Pegida war bereits 2014 aufgestiegen, als sich die Asylzahlen aus heutiger Sicht auf moderatem Niveau befanden. Es war absehbar, welche Konflikte der Anstieg der Einwanderer 2015 haben wird. Seit Ende des Zweiten Weltkriegs ist Pegida die größte fremdenfeindliche Mobilisierung in Deutschland. Die AfD forderte, notfalls auf Flüchtlinge an den Grenzen zu schießen. Die AfD wird völkischer, stärker und radikaler. Früher gab es den Konsens, dass Deutschland kein Einwanderungsland sei. Diesen Konsens aber gibt es nicht mehr. Heute wird nicht mehr darüber gestritten, ob Menschen ins Land kommen, sondern nur noch darum, welche, wie viele und in welcher Geschwindigkeit.
Eine breite soziale Bewegung ist die Flüchtlingssolidarität. Wie mit den Migrantinnen und Migranten und Flüchtlingen umgegangen wird, ist vor allem das Werk der Migrantinnen, Migranten und Flüchtlingen selbst. Deutschland wollte kein Einwanderungsland und kein Zufluchtsland sein, dies haben sie jedoch nicht akzeptiert und sich den Zugang zu Deutschland freigekämpft und dadurch die Gesellschaft verändert.
Die rot-grüne ab 1998 war die erste Bundesregierung, die sich zum Einwanderungsland bekannte. Des Weiteren gibt es eine Gruppe von Menschen, die als „postmigrantisches“ Milieu bezeichnet wird. Darunter ist die zweite bis dritte Einwanderergeneration zu verstehen, die den Bildungsrückstand aufgeholt und mit großer Kraft in wichtige gesellschaftliche Stellen wie Wissenschaft, Politik und Kunst drängte.
Fünf afrikanische Asylbewerber gründeten „The Voice“. Die Gründer zogen vor der Bundestagswahl 1998 durch 44 deutsche Städte, denn sie wollten sichtbar werden. Somit war das Netzwerk Karawane für die Rechte der Flüchtlinge und MigrantInnen geboren. Diese ist die Schwesterorganisation von „The Voice“. Sie sagten, sie sind nur hier, weil ihr unsere Länder zerstört und sie deshalb flüchten müssen.
Die Flüchtlingsproteste wuchsen und radikalisierten sich bis Ende 2014 immer weiter. Im Sommer 2013 traten Dutzende Flüchtlinge über mehrere Tage in einen Durststreik auf dem zentralen Münchner Rindermarkt und die Situation eskalierte. Daraufhin beschloss der Ministerpräsident Horst Seehofer, die Sozialministerin Christine Haderthauer und Innenminister Joachim Herrmann, dass Bayern auf die Ausgabe von Essenspaketen statt Geld an Flüchtlinge verzichtet. 2015 wurde in Deutschland die generelle Residenzpflicht aufgehoben. Das bedeutet, Asylbewerber und Geduldete dürfen sich innerhalb Deutschlands frei bewegen. Ebenfalls wurde das Arbeitsverbot verkürzt.
So waren Flüchtlinge zwei Jahrzehnte lang gegen diese Regelungen zu Felde gezogen. Viele Menschen blieben, obwohl sie nicht mehr erwünscht waren, denn der Staat konnte sie nicht abschieben und verwies sie deshalb in einen Zustand hochgradiger rechtlicher Prekarität, mit der Hoffnung, sie würden dann von alleine verschwinden. Im Herbst 2015 gab es Anzeichen für ein Umdenken. Nur weil man die Menschen nicht integriert, heißt es nicht, dass diese Menschen wieder zurückgehen, wie man in der Vergangenheit feststellen konnte.
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