Mittwoch, 19. Dezember 2018

EU-Exkursion 12/2018: Europäische Kommission

Sébastien Bertrand, European Commission flags, CC BY 2.0
Ein Beitrag von Justus Lehnert und Amelie Off

Am 3. Dezember 2018 besuchten wir im Rahmen der Brüssel-Exkursion mit dem Thema “Europa vor dem Brexit” die EU-Kommission.

Begrüßt wurden wir von Joachim Wiemann, er ist Policy Officer im Generalsekretariat. Das Generalsekretariat koordiniert die Arbeit der gesamten Kommission und stimmt dies mit den Zielen und Prioritäten des Präsidenten, derzeit Jean-Claude Juncker, ab. Zudem fungiert es als Schnittstelle zu anderen Organen.

Unser Besuch war in zwei Teile gegliedert. Der erste Teil bestand aus einer allgemeinen Einführung in die Funktionen und den Aufbau der Kommission. Danach folgte eine Kaffee- und Teepause, nach der das Thema “Europäischer Binnenmarkt” behandelt wurde. Untermalt wurden die Vorträge durch vielfältige Folien.

Die Kommission besteht aus 28 Kommissar*innen. Pro Mitgliedsland wird je ein Kommissar oder eine Kommissarin entsandt. Diese vertreten das gemeinsame europäische Interesse und nicht, wie oft angenommen, jeweils das nationale Interesse. Jede*r Kommissar*in hat ein spezielles Portfolio. Die Kommissar*innen werden für eine Amtszeit von fünf Jahren gewählt.

Die Kommission handelt als Kollegium und kann als politische Exekutive der EU bezeichnet werden. Sie ist die “Hüterin der Verträge”, denn sie wacht über die Einhaltung des EU-Rechts. Zusätzlich ist sie für die Erarbeitung und Durchsetzung von Vorschlägen für europäische Rechtsvorschriften und den Vorschlag des Haushalts zuständig. Internationale Abkommen und Verträge werden ebenfalls im Namen der EU von der Kommission verhandelt und abgeschlossen. Sie ist daher am ehesten mit einer Regierung oder einer obersten Verwaltungsbehörde vergleichbar, wobei dieser Vergleich hinkt, da die EU kein Nationalstaat, sondern eine besondere Internationale Organisation ist.

Die Kommission hat 10 Prioritäten, wobei das (informelle) Motto “big on big, small on small” gilt. Außerdem ist das Subsidiaritätsprinzip wichtig. Das bedeutet, dass politische Themen auf einer möglichst niedrigen politischen Ebene angegangen werden. Die Prioritäten von 2015 bis 2019 sind “Beschäftigung, Wachstum und Investitionen”, “Digitaler Binnenmarkt”, “Energieunion und Klimaschutz”, “Binnenmarkt”, “eine vertiefte und fairere Wirtschafts- und Währungsunion”, “eine ausgewogene und fortschrittliche Handelspolitik - der Schlüssel zur Bewältigung der Globalisierung”, “Justiz und Grundrechte”, “Migration”, “mehr Gewicht auf der internationalen Bühne” und “demokratischer Wandel”.

Im weiteren Verlauf erläuterte uns Joachim Wiemann die Unterschiede zwischen Verordnungen, Richtlinien und Empfehlungen. Verordnungen und Richtlinien sind für die EU-Mitgliedsstaaten verbindlich, wohingegen eine Empfehlung nicht verbindlich ist. Der Unterschied zwischen Verordnung und Richtlinie liegt darin, dass eine Verordnung unmittelbar gilt. Bei einer Richtlinie erhält das Mitgliedsland Auflagen hinsichtlich der Ziele, welches aber mit Spielraum in der Auslegung und Durchsetzung einhergeht.

Der zweite Teil unseres Besuchs war dem Thema “EU-Binnenmarkt” gewidmet. Dieser beinhaltet vier Grundfreiheiten: Waren, Personen, Dienstleistungen und Kapital. Es wurden verschiedene für uns alltägliche Bereiche angesprochen, welche durch den EU-Binnenmarkt entstanden. So sind beispielsweise das Austauschprogramm Erasmus, das entgeltlose Datenroaming im EU-Ausland und die europäische Krankenversicherung Ergebnisse daraus.

Im europäischen Binnenmarkt gibt es “vollharmonisierte” und “teilharmonisierte” Handelsbereiche: In vollharmonisierten Bereichen gelten Regelungen, die von der EU erstellt wurden, wohingegen in teilharmonisierten Bereichen Vorschriften von den Mitgliedstaaten bestehen, die für den ganzen EU-Raum gelten. Hierbei spielte das “Cassis de Dijon”-Urteil eine wegweisende Rolle, weil damit festgelegt wurde, dass nicht nur direkt diskriminierende Bestimmung, sondern schon unterschiedliche Richtlinien gegen die Freiheiten im Binnenmarkt verstoßen.

Aus dem Vortrag entwickelte sich schnell eine Diskussion um mögliche Auswirkungen des Brexits, den Wiemann als “lose-lose-Situation” bezeichnete. Hierbei wies er darauf hin, dass zum Beispiel die britischen EU-Beamten nicht direkt ausgewiesen werden müssten, nur weil sie keine EU-Staatsbürgerschaft mehr besitzen.

Zum Schluss wurde noch das Fehlen einer politischen Öffentlichkeit besprochen, woraus eine fehlende Medienmacht der Kommission und anderer EU-Organe resultiert. Joachim Wiemann empfahl daher, die europäische Zeitung politico.eu, die Materialien der bpb zum Thema EU und das Nachrichtenportal euractiv.com zu nutzen.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen