Dienstag, 18. Dezember 2018

EU-Exkursion 12/2018: Stadtführung Luxemburg

Ein Bericht von Waldemar Nebolsin und Henriette Spellenberg

Stadtführung innerhalb der Innenstadt:

Wir begannen die Stadtführung mit einer Expertin in Sachen Luxemburg zu Fuß. Trotz des Regens konnten wir außer nassen Schirmen viele spannende Informationen über die Stadt und die Politik mitnehmen, neben den dort befindlichen 140 Banken, auf welche die Luxemburger*innen nicht reduziert werden möchten. Zu Recht!

Luxemburg ist kein großer Staat, es handelt sich um einen Staat, der mit einer Gesamtbevölkerung von 600.000 Einwohner*innen nur knapp größer ist als das Saarland. Die Nachbarstaaten sind Belgien und die Niederlande, mit welchen Luxemburg die sogenannten Benelux-Staaten bildet. Unsere Stadtführung fand in der gleichnamigen Hauptstadt Luxemburgs statt, welche über rund 110.000 Einwohner*innen verfügt.

Das Besondere ist, dass die Einwohner*innenschaft aus vielen verschiedenen Nationalitäten besteht (46% gehören anderen Nationalitäten an), zusätzlich finden sich viele weitere Arbeiternehmer*innen aus dem Ausland wie beispielsweise aus Frankreich, Belgien und Deutschland (40.000 Deutsche kommen täglich zum Arbeiten). Luxemburg ist auf seine ausländischen Mitarbeiter*innen angewiesen.


Vorbei an Festungsmauern befindet sich zentral im Stadtkern das alte Rathaus. Heute bekannt als „Das Großherzogliche Palais“, gebaut wurde es bereits 1572 und dient heute noch als offizielle Stadtresidenz des Großherzogs. Fünf Stelen in Form von Lampen mit Gesichtern schmücken den Weg vorbei am Rathaus eindrucksvoll.

In Luxemburg herrscht Wahlpflicht. Dies bedeutet, Jede*r muss zur Wahl gehen, natürlich ist es eine*m dann dennoch freigestellt, ob man den Wahlschein ungültig macht oder die jeweilige Stimme abgibt.

Entwicklung unter stetig wechselnder Herrschaft:

Am Bockfelsen hat die Stadt Luxemburg ihren Ursprung. Dieser Felsvorsprung konnte als eine ideale natürliche Verteidigung genutzt werden. Diese militärstrategisch wichtige Position führte auch dazu, dass Luxemburg in den kommenden Jahrhunderten ein stark umkämpftes Gebiet wurde. Im 14. und 15. Jahrhundert stellte Luxemburg insgesamt vier römisch-deutsche Kaiser. Begleitet von ständigen Eroberungen durch neue Feinde, gab es ständige Wechsel an der Spitze des Staates. Vom 15. bis zum 18. Jahrhundert gab es in dem Land über 20 Herrschaftswechsel.

1815 wurde Luxemburg zum Großherzogtum erhoben, verlor aber auch einen Teil seines Territoriums an Preußen. Anschließend trat es dem Deutschen Bund bei. Nachdem der Deutsche Bund aufgelöst und die „Festung Luxemburg“ entmilitarisiert wurde, begann eine Zeit der Neutralität für Luxemburg. 1890 wurden die Fremdherrschaften endgültig beendet und Luxemburg erreichte die vollständige Unabhängigkeit.

Erst danach, also ab dem 19. Jahrhundert, konnte sich dann allmählich ein Nationalgefühl bei den Bewohner*innen ausbilden. Die ständig wechselnden Fremdherrschaften, welche eine große Rolle in der Vergangenheit von Luxemburg hatten, sollten jedoch nicht ausschließlich negativ als unerwünschte Besatzungszeiten gesehen werden. Der jeweilige Herrscher war durchaus bei der Bevölkerung anerkannt. Gerade in der heutigen Zeit kann diese erlernte internationale Anpassungsfähigkeit durchaus als eine Stärke des Staates in einer globalisierten Welt wahrgenommen werden.

Zweiter Weltkrieg und die neue Rolle in Europa:

Am 10. Mai 1940 marschierten die deutschen Truppen in Luxemburg ein. Wer sich gegen den Einzug zur Wehr setzte, kam ins Konzentrationslager oder fiel der Umsiedlung zum Opfer. Die Stadt Luxemburg wird 1944 von Amerika befreit. Doch im Norden des Landes sitzt im tiefen Winter die Bevölkerung monatelang in den Bunkern fest. Anschließend waren 70% des Landes nicht mehr bewohnbar. 1949 wurde die vollständige internationale Neutralität durch den Beitritt zur NATO aufgegeben. Im Jahr 1952 wurde man auch noch zum vorläufigen Sitz der ersten europäischen Gemeinschaft ausgewählt.

Stadtführung durch das Europaviertel:

Weiter ging die Führung im Bus in Richtung Europaviertel. Vorbei an der Luxemburger Zentralbank gab es weitere interessante Informationen. So wurde beispielsweise 1984 per Gesetz Luxemburgisch zur Nationalsprache ernannt, das Gesetz wurde jedoch auf Französisch verfasst. Die Mehrsprachigkeit macht sich als großes Plus in einer immer stärker globalisierten Welt bemerkbar. In Luxemburg kommen, zu der Nationalsprache, die Amtssprachen Deutsch und Französisch hinzu.

Es entstand außerdem ein neuer Stadtteil mit Institutionen für den internationalen Austausch. Im Übersetzungszentrum für die Einrichtungen der Europäischen Union werden ca. 50% vom gesamten Übersetzungs-Dienst für die Europäische Union getätigt. Auch der Europäische Gerichtshof hat hier seinen Sitz, welcher 1952 gegründet wurde. Im EuGH werden jährlich ca. 1.000 Urteile gefällt, welche dann nicht mehr anfechtbar sind. Der Grund hierfür ist, dass der Europäische Gerichtshof die höchste rechtssprechende Instanz darstellt und somit die Judikative im politischen System der Europäischen Union darstellt.

Bildung für Kinder der EU-Mitarbeiter*innen:

Für angehende Lehrpersonen stehen die bildungspolitischen Besonderheiten natürlich auch stark im Fokus. Hier stehen vor allem die sogenannten Europaschulen im Mittelpunkt. 4.000 Schulplätze bietet die Europaschule in etwa für die Kinder der europäischen Beamt*innen oder der internationalen Geschäftsleute. Die erste Europaschule wurde 1953 in Luxemburg gegründet, aufgrund der häufigen Versetzung der Mitarbeiter*innen dieser internationalen Vernetzung. Heute gibt es insgesamt 14 Europaschulen in einheitlicher Sprache und mit einheitlichem Lehrplan, damit die Kinder kontinuierlich mit dem gleichen Lehrplan beschult werden können.

Am Ende der Stadtführung erscheint ein spannendes Werk der Stadt. Ein Kunstobjekt, gearbeitet aus versteinertem Tropenholz, in der Form eines großen Stuhls, signalisiert: „Es gibt noch viel Platz auf dem Stuhl Europas“.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen