Mit Blick auf die am 1. Juli 2020 beginnende turnusmäßige deutsche Ratspräsidentschaft (siehe z.B. hier) gelangen trotz Corona auch wieder EU-Themen in den Fokus, nicht zuletzt das Thema Brexit. Die vergangenen Jahre haben gezeigt, wie eng verflochten die Mitgliedstaaten in der EU sind, so dass es außerordentlich schwierig und vielleicht sogar (wenn nicht formal, so doch faktisch) unmöglich ist, aus der Gemeinschaft auszutreten - eine spannende Zeit für die Europaforschung!
Zum aktuellen Stand der Dinge hat der Spiegel einen lesenswerten Artikel von Isabella Reichert veröffentlicht: "Brexit-Verhandlungen: Es fehlt der 'Wumms'". Dort wird auch berichtet, dass eines der in der öffentlichen Debatte sichtbarsten Probleme, nämlich das Verhältnis von EU-Mitglied Irland und dem Vereinigten Königreich nach dem Brexit mit Nordirland als Bestandteil, gelöst wurde. Es war befürchtet worden, dass der Nordirland-Konflikt wieder aufbrechen könnte angesichts der misslichen Tatsache, dass die EU-Außengrenze künftig durch Irland verlaufen wird. Die gefundene Lösung ist bemerkenswert: Sie bedeutet, dass es nach dem Brexit eine EU-Außengrenze geben wird, die durch einen Staat verläuft, der nicht mehr EU-Mitglied ist!
Neben diesen "großen" Themen gibt es unzählige Details, die kaum Beachtung finden, in der Summe für die Verhandlungen aber mindestens genauso wichtig sind, wie etwa die Frage nach der Teilnahme und dem finanziellen Beitrag des Königreichs in all den EU-Agenturen oder die Frage, was eine faire Summe wäre, um die seit dem Beitritt 1973 aufgelaufenen Kosten für die Pensionen der EU-Beamten abzugelten. Stellen Sie sich für einen Moment vor, es wäre Ihre Aufgabe, eine solche Summe zu ermitteln. Seit 1973 haben EU-Beamte Leistungen erbracht, von denen das Vereinigte Königreich als ein Mitglied unter 9 (1981 dann 10, 1986 dann 12, 1995 dann 15, 2004 dann 25, 2007 dann 27, 2013 dann 28) profitiert hat. Was wäre Ihrer Meinung nach eine faire Lösung? Dieses kleine Beispiel soll verdeutlichen, wie komplex die Fragen sind, die in den Verhandlungen gelöst werden müssen...
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