In diesem Beitrag stellt Silja Puscher folgenden Aufsatz vor:
Treptow, Thomas M. (2020): Auswirkungen der Corona-Krise auf die europäische Klimaschutzpolitik; in:
Wirtschaftsdienst 100, S. 364–366, online unter: https://doi.org/10.1007/s10273-020-2656-9.
Seit neuestem trifft man in der Mensa auf den „klimaneutralen Teller“ und auch sonst werden wir ständig ermahnt, dass unsere Gesellschaft klimafreundlicher werden muss. Der Klimawandel und seine schwerwiegenden Konsequenzen bereiten vielen große Bauchschmerzen. Der Klimawandel ist stets präsent, besonders wenn wir seine Gewalt in Naturkatastrophen, wie letztes Jahr im Ahrtal, zu spüren bekommen.
„Wir können die Welt nicht retten, indem wir uns an die Spielregeln halten. Die Regeln müssen sich ändern, alles muss sich ändern, und zwar heute“ (Thunberg, 2018)
Es ist die Aufgabe der Politikerinnen und Politiker, der Gesellschaft Regeln vorzuschreiben, wie sie nachhaltig leben sollte, denn allein schafft sie es nicht. Es gibt Unternehmen, deren Bestreben nicht die Klimaneutralität, sondern der höchstmögliche Profit ist, aber ist das den Unternehmerinnen und Unternehmern überhaupt vorzuwerfen? Oder ist es nicht vielmehr die Aufgabe der Politik, Leitlinien zu erarbeiten, die die Klimaneutralität begünstigen, damit alle Unternehmen die gleichen Voraussetzungen haben?
Auch in der Europäischen Union ist die Klimaschutzpolitik ein großer Faktor. Es wurden verschiedene Klimaschutzziele bestimmt, die es zu erreichen gilt. Ein zentrales Instrument ist das Emissionshandelssystem der EU. Das heißt, dass Unternehmen nicht einfach ihren Betrieb so aufrechterhalten können. Sie müssen bezahlen, um Treibhausgase produzieren zu können, oder sie müssen ihre Produktion so umstellen, dass sie keine oder nur wenige Treibhausgase produzieren. Für den Verbraucher heißt dies steigende Preise und für die Unternehmen weniger Profit und weniger Wirtschaftlichkeit.
Doch neben der anhaltenden Klimakrise gibt es eine Krise, die das Leben der Menschen auf der ganzen Welt verändert, beeinträchtigt und erschwert hat. Die Corona-Pandemie. In seinem Artikel geht Thomas M. Treptow auf die Frage ein, wie die Corona-Pandemie die Klimapolitik, vor allem das ETS, verändert hat.
Das Emissionshandelssystem der EU
Das Emissionshandelssystem (Emissions Trading System, kurz ETS) ist ein zentrales Instrument der europäischen Klimaschutzpolitik. Laut diesem System müssen alle „treibhausgasemittierende Unternehmen“ (ebd) der EU-Mitgliedstaaten „pro emittierte Tonne Treibhausgase ein Emissionszertifikat als Berechtigung nachweisen bzw. einlösen“ (S. 364), also käuflich erwerben.
Es gibt für die Unternehmen auch die Möglichkeit, mit diesen Zertifikaten zu handeln. Damit wird bewirkt, dass betroffene Unternehmen verschiedene Möglichkeiten, wie den „Einsatz verbesserter Produktionstechnologien, die zu weniger Emissionen führen“, die „Einschränkung emissionsverursachender Produktion“ oder den „Erwerb von Emissionszertifikaten für unveränderte Produktionstechnologien“ (ebd.) in Erwägung ziehen und dies auch einen wirtschaftlichen Anreiz hat.
Zusätzlich zu diesem Handelssystem werden durch die sukzessive Absenkung der zulässigen Emissionsmenge die Klimaschutzziele verfolgt (vgl. S. 365). Dem ETS wird eine „hohe Bedeutung bei der Erreichung der Klimaschutzziele zugeschrieben“ (ebd.), was durch das Profitziel der einzelnen Unternehmen zu erklären ist, da fast jedes Unternehmen nach so viel Profit wie möglich strebt. Durch das ETS wird es also sehr attraktiv, so gut wie möglich klimaneutral zu handeln.
Auswirkungen der Corona-Krise auf den Preis von Emissionszertifikaten
Die Summe der benötigten Emissionsrechte stellt für ein Unternehmen einen großen Kostenfaktor dar. Durch die Corona-Krise verschlechtert sich allerdings der ökonomische Ausblick und damit wird ein geringeres Produktionsniveau angestrebt, das bewirkt, dass weniger Emissionszertifikate benötigt werden. Die Nachfrage nach Emissionszertifikaten sinkt, allerdings sinkt auch die Produktion. Dadurch entsteht also ein kurzfristiger „Vorteil für die Realisierung der Klimaschutzziele“ (ebd.) in Form einer geringeren Produktion, wodurch weniger Emissionen verursacht werden.
Allerdings ist es mit den kurzfristigen Auswirkungen nicht getan und es entstehen auch mittel- bis langfristige Wirkungen. Ein „unelastisches Angebot von Emissionszertifikaten bedeutet eine geringere Nachfrage“ (ebd.), also fallende Preise. Unternehmen, die langfristig planen „berechnen für sinkende Kosten von Emissionszertifikaten einen höheren Kapitalwert ihrer gegenwärtigen Produktionstechnologie“ (ebd.). Es entsteht ein Steuerungsimpuls, wodurch die treibhausgasemittierende Produktionsweise gegenüber der treibhausgasvermeidenden Produktionsweise vorteilhafter erscheint.
Folgen für die Erreichung der Klimaschutzziele
Das schnell gesunkene Preisniveau (von fast 25 € auf ungefähr 16 €) ist in vielfacher Hinsicht nachteilig. Da die Unternehmen, die unter das ETS fallen, eher langfristig mit Emissionsberechtigungen ausgestattet sind, wird „eine den Preis treibende Nachfrage tendenziell länger nicht zu beobachten sein“ (S. 366).
Die Umstellung der Produktionstechnologien sind relativ teurer gegenüber den bisherigen Technologien, wodurch der klimapolitisch gewünschte Wechsel der Produktionsweise erschwert wird. Durch „den Corona-Schock“ (ebd.) sinkt der Kapitalwert klimafreundlicher Investitionsprojekte. Die Unsicherheit der Unternehmen wird weiter erhöht, was sich allerdings nicht nur auf das ETS, sondern auf alle Unternehmen weltweit bezieht.
Rückschlag für treibhausgasvermeidende Technologien
Zusammengefasst wird die kurzfristige Folge deutlich geringere Treihausgasemissionen sein. Allerdings werden Produktionsverfahren hin zu treibhausgasvermeidenden Produktionstechnologien einen Rückschlag erfahren.
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