Ein Beitrag von Nikolai Hartleb
Bei der politischen Exekutive der EU, der Kommission, wird oft kritisiert, dass sie zu wenig demokratisch sei, zu weit weg von den Bürgerinnen und Bürgern. Auf die Auswahl der 27 Kommissar*innen, inklusive der Kommissionspräsident*in, haben die Wähler*innen keinen direkten Einfluss und somit auch nicht auf das Agenda-Setting der EU-Führung. Auch mangelnde Transparenz wird der EU-Kommission häufig vorgeworfen.
Um dieser Kritik zu begegnen und die Beteiligung der Bevölkerung in der EU zu stärken, gibt es seit einigen Jahren sogenannte EU-Bürgerforen. In diesen Bürgerforen sollen Bürgerinnen und Bürger aus allen Mitgliedsstaaten zusammenkommen, um für verschiedene politische Themenfelder Empfehlungen auszuarbeiten.
Vor zehn Jahren seien diese Foren noch mehr ein Instrument der Kommunikation für mehr Bürgernähe gewesen, mittlerweile aber ein fester Teil der Politikgestaltung, so der Leiter des Referats für Bürgernähe der Kommission, Joachim Ott, bei seiner Präsentation. Die Empfehlungen, die aus den Diskussionen zwischen den EU-Bürger*innen entstehen, sollen von der Kommission bei der Festlegung von Maßnahmen und Initiativen berücksichtigt werden und die Beratung durch Experten und sonstige Einflussnahmen ergänzen.
Die Foren bestehen jeweils aus rund 150 Unionsbürger*innen, die per Zufallsprinzip ausgewählt werden. Um die Bevölkerung der EU so repräsentativ wie möglich abzubilden, werden bei der Auswahl Faktoren wie der sozioökonomische Hintergrund oder die geografische Lage miteinbezogen. Auch das Alter ist ein wichtiges Kriterium. So sollen die Foren zu einem Drittel aus jungen Menschen zwischen 16 und 25 Jahren bestehen.
In den Diskussionen, die von Moderationsteams unterstützt werden, werden ca. 25 konkrete Empfehlungen ausgearbeitet, die von der Mehrheit der Teilnehmer*innen unterstützt werden müssen. Diese werden dann in einem EU-Bürgerbericht an die Kommission weitergeleitet. Um die Empfehlungen zu erarbeiten, finden drei Wochenend-Treffen statt. Eines online und zwei vor Ort im Kommissionsgebäude in Brüssel. Die Organisation und die Kosten der Reisen, der Übernachtungen und alles, was sonst dafür anfällt, übernimmt natürlich die EU.
Die hohen Kosten, die dafür anfallen, sind ein Kritikpunkt an den Bürgerforen. Laut der EU überwiege aber der Nutzen. Jüngst abgeschlossene Foren sind zum Beispiel das Bürgerforum „Hass in der Gesellschaft“, das Bürgerforum zur Energieeffizienz oder das Forum zur Mobilität des Lernens. Die Abläufe und Ergebnisse der Foren und auch sonstige Informationen gibt es auf der Plattform für Bürgerbeteiligung der Kommission: https://citizens.ec.europa.eu/european-citizens-panels_de.
Für die Kommission sind die EU-Bürgerforen, wie es der eben genannten Website zu entnehmen ist, ein Erfolg und sollen „zu einer festen Größe im demokratischen Alltag der Europäischen Union“ werden und so für mehr Partizipation und Transparenz vor allem in der Kommission sorgen.