Mittwoch, 30. Juni 2021

Demokratiedefizit und deutscher Föderalismus

In diesem Beitrag stellt Helin Tufan folgenden Aufsatz vor:

Scharpf, Fritz W. (1992): Europäisches Demokratiedefizit und deutscher Föderalismus; in: Staatswissenschaften und Staatspraxis 3(3), S. 293-306, online unter: https://pure.mpg.de/rest/items/item_3232354/component/file_3239627/content.

In seinem Artikel schreibt Fritz W. Scharpf bereits im Jahr 1992 über das europäische Demokratiedefizit und den damit zusammenhängenden deutschen Föderalismus. Dabei geht er zunächst auf das Grundgesetz und die europäische Integration ein, daraufhin auf das Demokratiedefizit und die Handlungsfähigkeit der Politik, auf die Mitwirkungsrechte der Länder und zuletzt auch auf die Frage einer Erosion oder Reform des deutschen Föderalismus.

Dienstag, 29. Juni 2021

Demokratiedefizit und das Europäische Parlament

In diesem Beitrag stellt Dennis Schlesinger folgenden Text vor:

Ondarza, N. v., & Schenuit, F. (2018): Die Reform des Europäischen Parlaments: nach dem Brexit werden die Sitze neu verteilt - doch es bleibt (vorerst) bei einer kleinen Lösung; SWP-Aktuell, 11/2018, Berlin: Stiftung Wissenschaft und Politik -SWP- Deutsches Institut für Internationale Politik und Sicherheit, online unter: https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:0168-ssoar-56693-4.

Das Europäische Parlament (EP) spielt in Bezug auf die nicht enden wollende Debatte über das Demokratiedefizit der EU eine paradoxe Rolle. Die Autoren des vorliegenden Aufsatzes haben sich zum Zeitpunkt des bevorstehenden Brexits mit möglichen Reformansätzen für die Zusammensetzung und Wahl des EP auseinandergesetzt. Sie thematisieren dabei vor allem den Umgang mit den 73 freiwerdenden britischen Parlamentsplätzen sowie mögliche Anpassungen der Wahlmodalitäten, um die Legitimation europäischer Politik zu erhöhen.

Montag, 28. Juni 2021

Geschichte der Krisen der europäischen Integration

In diesem Beitrag stellt Max Sperlich folgenden Aufsatz vor:

Kaelble, Hartmut (2013): Spirale nach unten oder produktive Krisen? Zur Geschichte politischer Entscheidungskrisen der europäischen Integration; in integration, Jahrgang 36, Heft 3, S. 169-182, online unter: https://www.nomos-elibrary.de/10.5771/0720-5120-2013-3-169.pdf?download_full_pdf=1.

Anlässlich der seit 2007 andauernden Eurokrise schrieb Hartmut Kaelble 2013 einen Artikel zu den unterschiedlichen Krisen in der bisherigen Geschichte der Europäischen Union. Darin macht er Vorschläge zur Typisierung dieser Krisen, um sie einordnen und strukturieren zu können. Auf die Krisen gibt es unterschiedliche Interpretationsmöglichkeiten:

  • Einige Beobachter sehen die Krisen der europäischen Integration als eine Abwärtsspirale, die sich immer weiter verstärkt, bis es zu einem Zusammenbruch der Währung oder sogar der Europäischen Union kommt.
  • Andere glauben, dass schwere Krise die europäische Integration vorantreiben. Und „aus den bisherigen Krisen der europäischen Integration regelmäßig Integrationsfortschritte“ (S. 169) entstanden.
  • Nach der zyklischen Vorstellung treten schwere Krisen alle 30 bis 40 Jahre auf. So muss jede Generation eine Krise überwinden und in eine neue Epoche eintreten (vgl. S. 169f).

Obwohl zahlreiche Krisen, vor allem der 1950er und 1960er Jahre, von Historikern und Politikwissenschaftlern untersucht wurden, gibt es bisher keine Untersuchungen, ob Krisen sich auf die europäische Integration positiv oder negativ auswirken. Ob sie zyklisch waren, ist ebenso unbekannt (vgl. S. 170f). Seit dem Zweiten Weltkrieg hat Europa viele Krisen durchlebt, zum Beispiel:

Freitag, 25. Juni 2021

EU-Außenpolitik und Polykrise

In diesem Beitrag stellt Pauline Knöpke folgenden Aufsatz vor:

Rüger, Carolin (2016): Wie handlungsfähig ist die EU als außenpolitischer Akteur in Zeiten der Polykrise?; in: Zeitschrift für Politikwissenschaft 26, S. 469-477, online unter: https://link.springer.com/article/10.1007/s41358-016-0062-z.

In ihrem Aufsatz geht Carolin Rüger der Frage nach, wie es um die außenpolitische Krisenreaktionsfähigkeit und Handlungsfähigkeit der EU in Zeiten der Polykrise bestellt ist. Einleitend fasst Rüger zusammen, aus welchen Krisen sich die Polykrise der EU zusammensetzt. Hier müssen neben der Eurokrise die Flüchtlingskrise, aber auch die Rechtsstaatlichkeitskrise sowie der Brexit genannt werden. Neben diesen innereuropäischen Krisen lassen sich auch externe Dimensionen der Polykrise erkennen. Verschärft wird die Polykrise zudem durch das Erstarken nationalpopulistischer Strömungen und einer Vertrauenskrise vieler Bürger*innen der EU.

Um die Frage nach der außenpolitischen Handlungsfähigkeit beantworten zu können, geht Rüger zuvor auf das Feld der EU-Außenpolitik ein. Neben der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) und der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP) erstreckt sich das außenpolitische Handeln der EU über diverse weitere Bausteine. Hierzu zählen unter anderem die Entwicklungszusammenarbeit, die humanitäre Hilfe, aber auch die externe Dimension interner Politikbereiche, wie beispielsweise der Klimapolitik oder Terrorismusbekämpfung. Daneben wird die Außenpolitik durch die sui-generis-Dimension vervollständigt. Diese umfasst die Nachbarschafts- und Erweiterungspolitik (vgl. S. 469f.).

Mittwoch, 23. Juni 2021

5 Jahre Brexit: Kommentar von TGA

Die illusionslose Zwischenbilanz von Timothy Garton Ash nach fünf Jahren Brexit lautet: "Lose. Lose. Lose." Den ganzen Beitrag im Guardian gibt es hier: "Five years on from the Brexit referendum, the result is clear: both unions are losing"...

Sonntag, 20. Juni 2021

EU und Corona-Pandemie

In diesem Beitrag stellt Raphael Conrad folgenden Text vor:

Müller, Michael (2020): Die Auswirkungen der Covid-19-Pandemie; in: Weidenfeld, Werner / Wessels, Wolfgang (Hrsg.): Jahrbuch der Europäischen Integration 2020, Nomos Verlagsgesellschaft, S. 59-68, online unter: https://doi.org/10.5771/9783748908432-59.

In seinem Jahrbuch-Beitrag stellt Manuel Müller (Senior Researcher am Institut für Europäische Politik in Berlin) die Auswirkungen der Covid-19 Pandemie innerhalb der EU bis zum Ende des Jahres 2020 dar. Beleuchtet werden sowohl die Arbeitsweise der EU-Institutionen unter pandemischen Bedingungen als auch Entscheidungen und deren Auswirkungen auf verschiedene Politikbereiche.

Das Auftreten erster Corona-Fälle innerhalb der EU Mitte Februar 2020 sowie die unterschiedliche Ausbreitung mündeten in einer stabilisierenden Phase im Mai 2020, bevor die Fallzahlen ab Mitte 2020 wieder anstiegen. Trotz einer hohen Erwartung der Bevölkerung an die Europäische Union sieht Müller deren Handlungsspielraum nur als begrenzt an, denn angesichts der „schwachen supranationalen Kompetenzen in den Bereichen Gesundheitspolitik und Katastrophenschutz lag die Verantwortung [...] vor allem bei den Mitgliedsstaaten.“ (S. 59). Zu Beginn der Pandemie zeigte sich dies vor allem in der Abkapselung der einzelnen Staaten.

Mittwoch, 16. Juni 2021

Zukunftsdebatte in der EU

In diesem Beitrag stellt Tanja Achtelik folgenden Aufsatz vor:

Müller-Brandeck-Bocquet, Gisela (2019): Zukunftsdebatten in der EU. Großer Wurf oder kleinteilige Reformvorschläge?; in: APuZ 4-5/2019, S. 19-25, online unter: https://www.bpb.de/apuz/283971/zukunftsdebatten-in-der-eu?p=all.

Die Polykrise war ein Tiefpunkt der Europäischen Union und führte zu vielschichtigen Diskussionen über die Zukunft, vor allem sollten „neue Horizonte für das europäische Integrationsprojekt“ (Müller-Brandeck-Bocquet 2019) aufgezeigt werden. Der Aufstieg von EU-feindlichen Parteien, der Brexit und „breitgefächerte Angriffe auf die uns bekannte multilaterale Weltordnung“ (Müller-Brandeck-Bocquet 2019) zwangen die EU, ihren „Überlebenswillen“ zu entfalten und die Bürger*innen der EU von ihrer Unverzichtbarkeit zu überzeugen. In der Rede zur Lage der Union im Jahre 2016 sprach Kommissionspräsident Juncker von der Notwendigkeit einer langfristigen Vision in Bezug auf die europäische Zukunft.

„Die aktuellen Zukunftsdebatten in der EU weisen eine große intentionale Bandbreite auf, sie reichen von geradezu visionären Entwürfen bis hin zu kleinteiligen, aber notwendigen Reformvorschlägen, sie stehen sowohl für ambitionierte Aufbruchsszenarien als auch für pragmatische Weiterentwicklungen.“ (Müller-Brandeck-Bocquet 2019)

Montag, 14. Juni 2021

Großwetterlage in der Polykrise

In diesem Beitrag stellt Leon Maier folgenden Aufsatz vor:

Altmann, Franz-Lothar (2017): Europäisches Miteinander in Zeiten der Poly-Krise; in: Der Donauraum 57 (1), S. 11-16, online unter: https://www.vr-elibrary.de/doi/abs/10.7767/dedo.2017.57.1.11.

„Der vorliegende Beitrag versucht, die derzeitige „politische Großwetterlage“ in Europa anzusprechen und in Form eines Ausblicks auch einen gewissen Bezug zur EU-Strategie für den Donauraum (EUSDR) zu konstruieren.“ (S. 11)

Der Autor thematisiert zunächst die verschiedenen Krisen, welche im Zusammenhang mit der Europäischen Union stehen. Die Eurokrise sei eine Nord-Süd-Finanzkrise, von welcher man hoffe, sie sei überwunden: „… eine Hoffnung, die zumindest beim Blick auf Griechenland und auch auf Italien nur beschränkt gerechtfertigt scheint“ (S. 11).

Die Ost-West-Krise sei eine weitere Krise, welche sich mit Hilfe von Himmelsrichtungen beschreiben lasse. Der Osten verweigere eingeforderte Solidarität. Hieraus habe sich eine Rechtskrise innerhalb der EU entwickelt. In Zusammenhang mit der Rechtskrise stehe auch die Flüchtlingskrise, welche als Katalysator für den Rechtspopulismus gilt.

Donnerstag, 10. Juni 2021

EU-Kommission und Technokratie

In diesem Beitrag stellt Anna-Maria Hänßler folgenden Aufsatz vor:

Metz, Julia (2013): Die Expertengruppen der EU-Kommission und das Paradigma der Brüsseler Technokratie; in: Zeitschrift für Politikberatung (ZPB) / Policy Advice and Political Consulting 6, 1/2013, S. 15-23, online unter: http://www.jstor.org/stable/24235132.

Julia Metz thematisiert in ihrem Aufsatz die Kritik an einer technokratisch regierten EU. Dabei untersucht sie, welchen technokratischen Einfluss Expertengruppen auf das politische Vorgehen der EU-Kommission ausüben (Metz 2013, S. 16).

Gerade während der Eurokrise wurde Kritik an der elitären und intransparenten Politik der EU laut und bezog sich auf den Zwiespalt zwischen Technokratie und Demokratie (vgl. Metz 2013, S. 15, S. 22). Die Technokratie als Regierungsform basiert auf Expertenwissen, welches die Basis der Macht bildet. Im Gegensatz hierzu wird die Demokratie auf bürgerliche Partizipation aufgebaut. Demokratietheoretisch sind Expertengruppen, welche nicht vom Volk gewählt wurden, aber Einfluss auf die Politik ausüben, demnach sehr fragwürdig (vgl. Metz 2013, S. 15).

Aufgrund dessen, dass Entscheidungen auf supranationaler Ebene strukturell nicht ausreichend über bürgerliche Partizipation legitimiert sind, erwirbt die EU Legitimation hinsichtlich ihrer Entscheidungen über den Erfolg („Output-Legitimität“). Stoßen diese Entscheidungen allerdings auf Widerstand, wie während der Eurokrise, so zeigt sich ein Legitimitätsproblem (vgl. Metz 2013, S. 15).

Im Wesentlichen muss sich die EU-Kommission dieser Kritik stellen, da sie nicht im Besitz eines demokratischen Mandats ist. Sie „wird daher oft als Sinnbild einer technokratischen Institution gesehen“ (Metz 2013, S. 15). Diese Sachlage wird zunehmend durch das Hinzuziehen von externen Sachverständigen zur Problemlösung verstärkt und fördert den „Technokratieüberschuss“ (Kaube, 2012: 857 in Metz 2013, S. 15f.) der EU.

Mittwoch, 9. Juni 2021

"Eurokrise" und "Flüchtlingskrise" im Vergleich

In diesem Beitrag stellt Hannah Kraus folgenden Aufsatz vor: 

Meyer, Dirk (2015): Flüchtlingskrise versus Eurokrise – ein Vergleich der politischen Handhabung; Ifo Schnelldienst, ifo Institut – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung an der Universität München, 68. Jahrgang, Ausgabe 21. S. 18-26, online unter: https://www.econstor.eu/bitstream/10419/165664/1/ifosd-v68-2015-i21-p18-26.pdf.

Zu Beginn führt Meyer in seinem Artikel ein Zitat einer Rede Jean-Claude Junckers im EU-Parlament zur Flüchtlingssituation von 2015 an: ‚Die Europäische Union ist in keinem guten Zustand.‘ Nach Juncker fehle es an Europa und an Union. Als zentrale Motive für diese Rede Junckers nennt Meyer die Stichworte mangelnde Solidarität und mangelnde Rechtstaatlichkeit. Diese Wertedefizite könne man ebenfalls auf die Euro-Rettungspolitik beziehen (S. 18). In seinem Artikel untersucht er die Unterschiede und Gemeinsamkeiten der politischen Handhabung in Bezug auf die Flüchtlings- und die Eurokrise.

Freitag, 4. Juni 2021

Zitat zur EU

Auf das folgende Zitat bin ich gerade gestoßen (es stammt aus dem Kapitel zum Thema Nationalismus des sehr empfehlenswerten neuen Buches des Historikers Magnus Brechtken, das man sich im Moment für 4,50 € bei der bpb bestellen kann und sollte):

"Wer über die 'Kosten Europas' lamentiert, die Entwicklung der europäischen Einigungsmühen mit ihren Verträgen und dem Streben nach Integration attackiert, wer die vermeintlich übergriffigen Regulierungen aus Brüssel beklagt, die Trägheit der Bürokratie und die Zähigkeit der Entscheidungsfindung in einer Gemeinschaft aus (nunmehr) 27 Staaten, kann sich auf den Schlachtfeldern des Ersten Weltkriegs und den Soldatenfriedhöfen des Zweiten ein Bild davon machen, was Europa hinter sich gelassen hat, wohin nationalistische Bestrebungen geführt haben - und wohin sie, wenn ihre Glaubenvorstellungen zur politischen Macht gelangen, jederzeit wieder führen können."
[Magnus Brechtken (2020), Der Wert der Geschichte. Zehn Lektionen für die Gegenwart, Siedler Verlag, S. 155]