Donnerstag, 7. Juni 2018

EU-Exkursion 2018: Europäische Kommission (II)

Am Mittwoch, den 23.05.2018, besuchten wir die Europäische Kommission, wo uns Ralf von Ameln mit seinem Vortrag in deren Arbeit einführte. Die Kommission gilt als ausführendes Organ der Union und handelt unabhängig von den nationalen Regierungen der Mitgliedsstaaten. Je ein Kommissar wird pro Mitgliedsstaat entsendet, sodass die Kommission aus 27 Mitgliedern und dem Kommissionspräsidenten - derzeit Jean-Claude Juncker – besteht. Jeder der Kommissare hat ein eigenes Aufgabenfeld, so ist der von Deutschland entsendete Günther Oettinger beispielsweise für „Budget und Human Resources“ verantwortlich. Die Kommission hat vier zentrale Aufgaben inne:
  • Dazu gehört die Vertretung der Union nach außen und innen. Für die internationale Dimension ist vor allem der Hohe Vertreter für Außen- und Sicherheitspolitik zuständig. Diese Position gehört seit dem Vertrag von Lissabon der Kommission an. Handelsverträge mit Drittstaaten oder andere Anlässe, in denen die Union geschlossen vertreten wird, wären Beispiele für Aufgaben, die derzeit Federica Mogherini übernimmt.
  • Außerdem hat die Kommission das Initiativrecht. Das heißt, dass ein Gesetzgebungsakt der Union nur auf Vorschlag der Kommission erfolgen kann. Sie ist also verantwortlich für Gesetzesvorschläge, die im weiteren Verlauf der Rechtssetzung dann im Parlament und im Rat der EU diskutiert werden. Dieses Initiativrecht ist ausschließlich der Kommission vorbehalten.
  • Eine weitere Aufgabe besteht in der Verwaltung und Umsetzung politischer Maßnahmen der EU. Dazu gehört die Durchführung dieser Maßnahmen und die Ausführung des Haushalts. Wenn es also um finanzielle Aspekte geht, ist die Kommission sehr oft beteiligt.
  • Die Kommission wird auch „Hüterin der Verträge“ genannt, denn sie kontrolliert gemeinsam mit dem Europäischen Gerichtshof die Einhaltung beschlossener Maßnahmen und Verträge.
Die Kommission hat also Kompetenzen, die sie ähnlich wie eine Regierung agieren lassen, wobei sie keinesfalls damit gleichzusetzen ist. Gleichzeitig stellt sie eine verwaltungstechnisch sehr wichtige Instanz im Gefüge der Institutionen der EU dar.

Das Verfahren für einen Entwurf, das einen sehr wichtigen Ablauf in der Kommissionsarbeit darstellt, lässt sich in sieben Schritten zusammenfassen. Die erste Phase ist hierbei die Initiierungsphase. Irgendjemand, sei es die Kommission selbst, Unternehmen oder NGOs, muss auf ein Thema aufmerksam werden bzw. machen. Die Kommission prüft dann die Zuständigkeit und legt eine thematische Strategie fest. Es wird ein sogenanntes Grünbuch erstellt; ein Buch, das Ansatzpunkte zum Thema enthält und Aufschluss über offene Fragen geben soll.

Dieses wird ins Netz gestellt und drei Monate lang können die Bürger/innen diese Fragen beantworten. Die Ergebnisse bzw. die Zusammenfassung der Antworten werden dann im Weißbuch dargestellt. Dort wird die Art und Weise festgehalten, wie die Kommission mit dem Thema umgehen wird. Auch das ist für die Öffentlichkeit und Anmerkungen zugänglich. Beispielhaft kann hier das Weißbuch zur Zukunft Europas eingesehen werden, das die Kommission 2017 veröffentlichte.

Nach diesem Schritt erfolgt die Entwurfsphase, in der die wissenschaftlichen Mitarbeiter der Kommission den Vorschlag ausarbeiten. Im folgenden Schritt wird die Ausarbeitung durch alle Instanzen der Kommission gesendet und Äußerungen und Änderungsvorschläge werden diskutiert.

In der vierten Phase kommt es dann zur Finalisierung des Entwurfs unter Berücksichtigung der Ergebnisse der Arbeitsgruppen und Konsultationen. Danach kommt es zu einer Beratungsphase der Kabinettsmitglieder. Insgesamt müssen 15 der Mitglieder dem Vorschlag zustimmen. Für die Entscheidung sollten die Kommissare ein wenig in das Thema eingearbeitet sein, weswegen sie in der sechsten Phase ausführlich über die Inhalte informiert werden.

Im letzten Schritt fällt schließlich die Entscheidung der Kommissare. Falls der Vorschlag eine Mehrheit in der Kommission erhält, erfolgt die Weiterleitung der Texte an das Parlament und den Rat, die sich dann mit dem Gesetzgebungsverfahren befassen. Um das Verfahren nicht unnötig in die Länge zu ziehen und sicherzustellen, dass der Entwurf in die richtige Richtung geht, werden während der Entwurfsphase bereits informell Stimmen aus dem Parlament und anderen mit der Thematik beauftragten Instanzen einbezogen.

Nachdem sich der in der Kommission errungene Vorschlag sowohl im Parlament als auch im Rat als beständig erwiesen hat, wird er zu bindendem europäischen Recht. Nun ist es an den nationalen und lokalen Instanzen, das europäische Gesetz in nationales Recht umzusetzen. Im nächsten Schritt kommt erneut die Kommission ins Spiel, die sich mit dem Europäischen Gerichtshof darum bemüht, die Umsetzung der Gesetze zu beobachten und zu kontrollieren.

Der Präsident der Europäischen Kommission wird durch das Europäische Parlament gewählt. Nach seiner Wahl wählt dieser in Abstimmung mit den Mitgliedsstaaten nun die anderen Kommissare aus und legt die Arbeitsbereiche fest. Für die Legislaturperiode von 2015 bis 2019 setzte Juncker zehn Prioritäten fest, zu denen zum Beispiel die Schaffung eines digitalen Binnenmarktes, die Arbeit an einer Energieunion sowie die Genesung der Euro-Zone gehören. Die 10 Kommissionsprioritäten für 2015 bis 2019 können hier angesehen werden.

Der Aufbau der Kommission hat sich unter Juncker sehr verändert. Bis 2014 stand der Präsident an der Spitze, unter ihm 27 Kommissare und Kabinette, darunter standen über 30 Generaldirektionen und Dienste. Der neue Aufbau sieht folgendermaßen aus: Der Präsident steht an der Spitze, unter ihm stehen der erste Vizepräsident (derzeit Frans Timmermanns) und die Hohe Beauftragte für Außen- und Sicherheitspolitik. Darunter folgen 4 Projektteamleiter, welche wiederum auch als Vizepräsidenten angesehen werden. Jeder dieser 4 Projektteamleiter arbeitet an einer der oben genannten Prioritäten des Präsidenten. Darauf folgen 20 Kommissare und die Kabinette und schlussendlich die operativen Einheiten, also die über 30 Generaldirektionen und Dienste. Über das Kollegium der Kommissare kann man sich hier genauer informieren. 

Nach dem Vortrag von Ralf von Ameln und einer kurzen Kaffepause hatten wir die Möglichkeit, mit dem Referenten ins Gespräch zu kommen und über viele, nicht nur die Kommission betreffende Inhalte zu diskutieren. Bei Themen wie dem Brexit, dem Daten- und Verbraucherschutz, der europäischen Agrarpolitik, der Osterweiterung oder dem Freihandelsabkommen mit den USA konnten interessante Erkenntnisse mitgenommen und spannende Standpunkte ausgetauscht werden.

Autorinnen: Helen Wörner, Lea Schwarz

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