Freitag, 8. Juni 2018

EU-Exkursion 2018: Bericht über das Gespräch mit Rainer Wieland im Europaparlament

Am Mittwoch, den 23.05.2018, stand nachmittags das Europäische Parlament (EP) auf der Agenda. Rainer Wieland hatte sich für unsere Gruppe Zeit genommen, über das EP zu berichten und seine Aufgaben vorzustellen. Wieland vertritt den Wahlkreis Stuttgart seit 1997 auf europäischer Ebene und hat das Amt eines von insgesamt 14 Vize-Präsidenten inne.

Zu seinen Aufgaben im Präsidium zählt die Arbeitsgruppe für Gebäude, Verkehr und umweltbewusstes Parlament. Die ihm unterstehende Abteilung Infrastruktur und Logistik (INLO) ist für die funktionierende Infrastruktur und den Betrieb aller Gebäude des Europäischen Parlaments in Brüssel, Straßburg und Luxemburg zuständig. Darüber hinaus vertritt Wieland den Präsidenten bei der Leitung der Plenarsitzungen. Außerdem ist Rainer Wieland im Verfassungsausschuss vertreten, welcher sich um Fragen des Wahlrechts oder der Verteilung von Sitzen im Parlament kümmert.

Wie läuft ein typischer Monat eines MdEP ab? Das Parlament tagt 12 Mal im Jahr in Straßburg, in der sogenannten Plenarsitzungswoche. Nach der Woche in Straßburg findet in Brüssel die Ausschuss-Woche statt. Anschließend wird ebenfalls in Brüssel in der Fraktions-Woche darüber beraten, was in der nächsten Plenarsitzungswoche in Straßburg ansteht. Insgesamt gibt es im Jahr 36 Sitzungswochen, dazu kommen 4 Wochen, die für „Gemischtes“ vorgesehen sind. Darunter versteht man beispielsweise Bürgersprechstunden im eigenen Wahlkreis, Auslandsbesuche oder Delegationsreisen.

Blitzlichter aus der Fragerunde mit Rainer Wieland

Hacker-Angriffe auf das Parlament: Die Angriffe korrelieren mit der steigenden Bedeutung des Parlaments. Bisher konnten die meist von weißrussischen Servern gestarteten Angriffe in den Griff bekommen werden. Oft wird von NGO-Seite versucht, die Server durch Versenden von einer Vielzahl von Mails lahmzulegen.

Befragung von Mark Zuckerberg am Vortag: Das allgemeine Gefühl des Abgeordneten: Die Antworten des Facebook-Chefs sind unzureichend. Lob für das EP: Es wurde Druck aufgebaut. Problem: Alle 7 Fraktionsvorsitzenden haben das Wort. Folglich hatte das EP zu wenig Zeit, alle relevanten Fragen zu stellen. Die ausgelassenen Fragen sollen jedoch schriftlich beantwortet werden.

Die gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik steckt noch in den Kinderschuhen.

Satzungsänderungen: Idee einer 2-5%-Klausel; Wahlalter mit 16: Wird nicht durchkommen.

Prinzip der degressiven Proportionalität bei der Verteilung der Sitze im EP: Das Prinzip besagt, dass bevölkerungsreichere Staaten grundsätzlich mehr Sitze im Parlament erhalten als bevölkerungsärmere, bevölkerungsärmere jedoch mehr Sitze pro Einwohner als bevölkerungsreichere. Das Prinzip der degressiven Proportionalität wird bei der Verteilung der durch den "Brexit" freiwerdenden Sitze zur Anwendung kommen. Von den insgesamt 751 Plätzen im EP werden durch den Brexit 73 Plätze frei, davon werden 27 verteilt für die degressive Proportionalität, womit das nächste EP insgesamt 705 Abgeordnete haben dürfte.

Verbindung seiner Partei zu einem Büro in Brüssel: Lobbyismus? Wieland erklärt, dass das Büro in Brüssel derzeit nicht betrieben wird und weist den Vorwurf von Lobbyismus entschieden zurück. Er verweist auf das Anwaltsgeheimnis, welches es ihm unmöglich macht, den vom Spiegel geforderten Beweis durch vollständige Offenlegung zu erbringen.

Fraktionsdisziplin: In Brüssel nicht gegeben.

Wo ist Europa in 5-10 Jahren? Wieland erwartet eine Mischung aus den Szenarien 5 und 3 (aus dem Weißbuch der Kommission), das bedeutet: Insgesamt mehr Europa, jedoch mit einem Europa der unterschiedlichen Geschwindigkeiten, wie es auch derzeit schon existiert (Bsp. Schengen, Euro, Unionspatent).

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