Donnerstag, 21. Juni 2018

Essay zum FAZ-Gastbeitrag "Von der Krise zur Chance" von Wolfgang Schäuble

Dr. Wolfgang Schäuble: Von der Krise zur Chance, FAZ vom 24.03.2017 (URL: http://www.faz.net/aktuell/politik/die-gegenwart/zerfaellt-europa-25-von-der-krise-zur-chance-14932745.html) 

Autorin: Amelie Off

Zusammenfassung

Wolfgang Schäuble erkennt das Problem, dass die Europäische Union in einer Krise stecke, an. Er versucht in seinem Gastbeitrag, die Anforderungen und Erwartungen an Europa zu bündeln. Zudem greift er die aktuellen Krisen und Probleme auf und versucht, einen Blick in die Zukunft Europas zu wagen. Schäuble warnt davor, die wachsende EU-Skepsis nicht ernst zu nehmen. Vielmehr müsse ein weiterer Verfall Europas verhindert werden.

Er spricht von wachsenden Anforderungen an die EU, als Beispiel nennt er hier den „Brexit“ und den Amtsantritt von Donald Trump. Dem entgegen stehe die Meinung vieler Kritiker, dass die Problemlösefähigkeit Europas stetig abnehme. Von einzelnen Mitgliedsstaaten der EU würden Mehrheitsentscheidungen nicht mehr anerkannt und unterstützt werden. Hierbei nennt Schäuble verschiedene Gründe, unter anderem wachse Europa, damit einhergehend nehme auch die Diversität in Bezug auf Lebensverhältnisse, Traditionen, politische Entscheidungsfindungen und Rechtsanwendungen zu.

Die Globalisierung vernetze die Welt miteinander, Probleme könnten nicht mehr auf nationaler Ebene gelöst werden. Dies müsse international passieren. Schäuble tituliert hier die Europäische Union als ein Musterbeispiel.


Mit der zunehmenden Globalisierung komme auch die Digitalisierung. Viele ältere Menschen fühlten sich hierfür nicht bereit. Sie würden Abwehrreaktionen entwickeln, wollen Vertrautes, Bekanntes, Regionales und Nationales erhalten. Dies ist vielleicht ein Grund für die Zunahme vieler rechtspopulistischer, antieuropäischer Parteien und Regierungen innerhalb der EU.
„Nun ist die europäische Einigung immer in oder nach Zeiten großer Krisen substantiell vorangekommen. […] Jeder, der in Politik, Wirtschaft oder Gesellschaft Veränderungen durchsetzen will, stößt auf starke Widerstands- und Beharrungskräfte. Sie können am ehesten durch wachsenden Problemdruck oder durch zunehmendes Problembewusstsein überwunden werden.“
Von der Krise zur Chance - wir benötigen also Krisen, um in Europa voranzukommen. Daraus entstehe für die Europaabgeordneten ein Paradoxon, so Schäuble, denn man bräuchte für einen Fortschritt eine Zuspitzung der Probleme. Allerdings müssen für die Abgeordneten die Probleme in ihrer Amtsperiode gelöst werden, da sonst ihr Mandat nicht mehr verlängert würde.

Die Handlungsfähigkeit Europas müsse gerade in internationalen Problemfeldern verbessert werden, fordert der Autor. In diesem Zusammenhang spricht er die „coalition of the willing“ an. Die Zusammenarbeit müsse verstärkt werden, um die Attraktivität Europas erhalten zu können.
„Wir müssen als Europa erwachsener werden, unsere Probleme wirksamer lösen, unsere Interessen besser definieren und dann gemeinsam vertreten.“
Durch die Globalisierung spürten wir jede Veränderung über den Globus verteilt auch bei uns in Europa. Als Beispiel nennt Schäuble die Flüchtlingskrise. Hier plädiert Schäuble für ein einheitliches europäisches Asylverfahren und gemeinsame Standards. Außerdem setzt er sich für eine Stabilisierung der Nachbarschaft ein.
„Solange sich die Lebensbedingungen in den Regionen, aus denen Flüchtlinge kommen, nicht verbessern, sind die Menschen auf der Flucht vor Krieg, Gewalt, Hunger und Armut. Sie werden sich auf den Weg nach Europa machen.“
Schäuble nennt verschiedene Vorhaben der Europäischen Union, die unterschiedlich ausgeprägt vorangebracht wurden. Unter anderem führt er eine gemeinsame Sicherheitspolitik (europäische Armee, gemeinsamer europäischer Verteidigungsfond), Angleichung von Rechtsordnungen, europäische Digitalunion, Kommunikationszentren, gemeinsamer europäischer Ausbildungs- und Arbeitsmarkt und die gemeinsame Währung an. Den europäischen Währungsraum betitelt Schäuble als Kerneuropa, welches verteidigt werden müsse. Wichtigster Punkt seien hierbei Regeln, die eingehalten werden müssten. Als Vorreiter diene immer noch die deutsch-französische Zusammenarbeit, erklärt Schäuble.

Schäuble greift auch noch ein Problem Deutschlands auf. Wir Deutschen müssten uns bewusst machen, dass wir auch immer eine deutsche Sicht auf Probleme und Problemlösungen haben. Doch wir sollten uns damit arrangieren, dass Europa und die Meinungen und Vorstellungen darin vielfältig sind.

Gegen Ende beschreibt Schäuble die Vorzüge des transnationalen Zusammenlebens in Europa: Frieden, Freiheit und Wohlstand wurden geschaffen und müssten weiter erhalten werden. Europa müsse wirtschaftlich und institutionell wettbewerbsfähig bleiben. Nur dann könne Europa auch gegen die Kritiker bestehen.
„Politik ist Zuversicht. Wo Gefahr ist, wächst das Rettende auch. Die Krisen sind eigentlich groß genug. Die Chancen sind es deswegen auch.“

Kommentar zu Schäubles Einschätzung

Schäuble fasst sehr wichtige Punkte für die EU zusammen. Die wichtigste Botschaft: Europa muss zusammenhalten und optimistisch bleiben. Durch die verschiedenen Krisen der EU wie Flüchtlingskrise, Terror, Brexit und der Aufstieg der Rechtspopulisten innerhalb der EU und außerhalb.

Besonders erwähnenswert hierbei ist Donald Trump. Er handelt irrational, seine Gedanken sind sozusagen unergründlich. Umso wichtiger ist hier eine gemeinsame Haltung Europas. Europa darf nicht zum Spielball anderer Mächte werden. Und Trump scheint hier eine massive Gegnerrolle gegen Europa einzunehmen. Egal ob es um Handelszölle oder um andere Absprachen geht. Doch vielleicht ist gerade Trump auch die Chance, wieder zueinander zu finden, das Gemeinschaftsgefühl der Wertegemeinschaft Europas zu stärken. Europa muss gemeinsam auftreten gegen den amerikanischen Präsidenten und ihn zurechtweisen. Das kann Europa aber nur gemeinsam und einheitlich.

Und vielleicht muss man hierfür auch innerhalb der EU an härtere Sanktionen denken, um wieder an die gemeinsamen Werte anknüpfen zu können. Wer die Vorteile der EU genießt, muss auch Regeln einhalten. Das müssen Ungarn und Polen deutlich spüren. Dies ist wichtig auch als Signalwirkung für weitere Regierungen, die die europäische Gemeinschaft ins Wanken bringen könnten, wie Italien.

So hoffe ich, dass Schäuble Recht behält und sich die Europäische Union mit ihren gemeinsamen Gedanken durch die Krise, besonders durch die Trump-Krise, stabilisieren und bewähren kann. Dies wäre ein wichtiges Zeichen auch für alle Bürgerinnen und Bürger, dass die EU ein eigenständiger Akteur ist, der nicht abhängig ist von dem amerikanischen Präsidenten und die eigenen Meinungen vertreten und durchsetzen kann. Denn eigentlich ist klar, dass die heutigen globalen Probleme definitiv nicht nachhaltig auf nationaler Ebene gelöst werden können. Es geht auch hier um Loyalität. Alle müssen allen vertrauen können. Es darf kein Land allein gelassen werden, wie beispielsweise Griechenland mit den Flüchtlingsströmen. Und es muss ein einiges Europa nach außen gebildet werden. Die vielleicht wichtigste Voraussetzung ist die funktionierende Freundschaft zwischen Frankreich und Deutschland, die Freundschaft zwischen Macron und Merkel. Sie müssen bereit sein, Kompromisse einzugehen, aufeinander zuzugehen und einig und geschlossen hinter den gemeinsam verhandelten Punkten stehen.

Europa muss schnell handlungsfähig werden, Europa muss spontan auf neue Probleme reagieren können und darf sich mit den Regelwerken nicht selbst im Weg stehen. Die europäische Politik muss auch zu nationaler Politik werden, es muss transparenter gemacht werden. Die Abgeordneten brauchen eine größere demokratisch legitimierte Rückendeckung, das heißt besseren Wahlkampf in den einzelnen europäischen Ländern. Und dann auch größere Handlungsspielräume, in denen sie schnell auf politische Probleme reagieren können.

Alles in allem teile ich die Meinung Schäubles in vielen wichtigen Punkten. Das einige Europa ist wichtig für uns. Doch in Zeiten, in denen sich nicht einmal die Schwesterparteien in Deutschland einig sind, scheint dies immer weiter in die Ferne zu rücken.

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