Freitag, 7. Mai 2021

Eliten und europäische Integration

In diesem Beitrag stellt Jannik Bachmann folgenden Aufsatz vor:

Haller, Max (2009): Die europäische Integration als Elitenprojekt; in: Aus Politik und Zeitgeschichte 06/2009, S. 18-23 (online unter: https://www.bpb.de/apuz/31960/die-europaeische-integration-als-elitenprojekt?p=all).

Max Haller geht in seinem Text auf die Unterschiede zwischen Eliten und normalen BürgerInnen in der Europäischen Union ein. Er beleuchtet die Frage, inwiefern die verschiedenen Seiten am politischen Integrationsprozess beteiligt waren und heute davon profitieren. So zeigt sich in einer Umfrage, dass 94% der sogenannten „top decision makers“ die Mitgliedschaft in der EU für gut halten, jedoch nur 48% der Bevölkerung des jeweiligen Landes. Haller geht in seinem Text von drei Grundannahmen aus, die im laufenden Text näher beleuchtet werden:

„Die Integration ist in hohem Maße den Interessen der Eliten zugutegekommen, während die Vorteile für die Bürger weit weniger spektakulär sind, als in offiziellen Reden und Schriften vielfach dargestellt. Eine Kluft zwischen Eliten und Bürgern gibt es auch im Hinblick auf die Werte, die der Integration zugrunde liegen.“

Im Text wird zwischen den politischen, ökonomischen und bürokratischen Eliten unterschieden und deren jeweilige Vorteile herausgehoben. So hebt Max Haller vier entscheidende Vorteile für die Eliten im Laufe des europäischen Integrationsprozesses heraus. Zum einen strebten viele Eliten der heutigen Mitgliedstaaten einen EU-Beitritt an, da sie sich mit den Problemen des eigenen Landes überfordert sahen. Außerdem ergaben sich durch die Mitgliedschaft in der EU viele neue politische Ämter und Karrieren. So ergibt sich für Menschen in Spitzenpositionen die Chance einer guten Nachfolgestelle in der EU.

Haller schreibt, „der Gewinn von Prestige kann eine starke Antriebskraft sein“, somit dient jedes Treffen auf der großen Bühne der Europäischen Union dazu, sich und seinen „kleinen“ Nationalstaat auf der großen Bühne der Weltpolitik zu präsentieren.

Großunternehmer und führende Kräfte in Industrie und Finanzwesen waren von Anfang an Befürworter der europäischen Integration, weil die Kommission auch das Ziel hat, sie zu „Global Player“ zu machen. Zum einen passiert das durch die Vergrößerung des Heimatmarkts und zum anderen durch finanzielle Subventionen. Doch alleine die Tatsache, „dass ihre Interessen in Brüssel in einer für die Öffentlichkeit wenig transparenten Weise von zehn- bis fünfzehntausend Lobbyisten vertreten werden“, zeigt, welchen Einfluss die Eliten haben und welch großes Interesse an einer europäischen Integration herrscht.

Die neue „europäische Beamtenschaft“ wird als „Eurokratie“ bezeichnet,“ ist vielleicht der mächtigste und zugleich am stärksten verkannte Akteur im Prozess der europäischen Integration.“ Zunächst werden die hohen Gehälter der verschiedenen EU-Vertreter angeprangert, die weit über dem der nationalen Beamten liegen. So ist die „Eurokratie“ keineswegs eine schlanke Organisation, sondern eine Organisation, die sich aufgrund der immer wachsenden Anzahl an Politikfeldern und großen Bürokratiehürden stetig vergrößert. So wächst die „Eurokratie“ seit der Gründung alle 10 Jahre um rund 10.000 Beamte, was den immensen Zuwachs und das Ausmaß erahnen lässt.

Danach kommt Haller zu der Wahrnehmung der Interessen der Bürger und Bürgerinnen im Integrationsprozess. Zunächst einmal wird im Text verdeutlicht, dass die Einigung seitens der Eliten als „welthistorisch“ angepriesen wird. Jedoch werden auch Schwächen des Integrationsprozesses beleuchtet, die vor allem Bürger der einzelnen Nationalstaaten treffen. So liegt die EU im Hinblick auf Arbeitslosigkeit und Beschäftigung hinter den USA und Japan (der Text ist von 2009!), zudem kommt die immer stärker werdende Ungleichheit in Europa. So sehen auch laut Text eine Mehrheit der Befragten, dass die EU in Bereichen wie Arbeitslosigkeit, Inflation und soziale Standards eine negative Rolle spielt. Einzig im Bereich der Kriminalität war ein positives Votum zu erkennen.

Zum Schluss wird noch die wichtige Frage gestellt, ob die europäische Integration alleine dafür verantwortlich ist, dass in Europa seit geraumer Zeit Frieden herrscht. So wird die Demokratisierung der einzelnen Staaten eher als Grund für Frieden gesehen, als es die europäische Integration ist. Der „ewige Frieden“ kann nur durch die Demokratisierung der einzelnen Staaten herbeigeführt werden. Dies hat auch damit zu tun, dass von einem Krieg eher die politischen Eliten profitieren, während die Bevölkerung darunter leidet.

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