Dienstag, 6. Juli 2021

EU und Klimakrise

In diesem Beitrag stellt Nils Krauter folgenden Aufsatz vor:

Homeyer, Ingmar von / Oberthür, Sebastian / Jordan, Andrew J. (2021): EU climate and energy governance in times of crisis: towards a new agenda; in: Journal of European Public Policy 28, 7/2021, S. 959-979, online unter: https://www.tandfonline.com/doi/full/10.1080/13501763.2021.1918221.

In diesem Aufsatz wird untersucht, wie, warum und in welchem Umfang die Umwelt- und Energiepolitik der EU und die Polykrise sich gegenseitig beeinflussen. Bereits in der Einleitung beschreiben die Autoren ihre systematische Aufteilung der Polykrise in fünf Krisen-Trends. Diese fünf hängen zusammen mit wachsenden soziopolitischen Trennlinien innerhalb der Gesellschaft, dem Aufstieg post-faktischer Kommunikationsformen innerhalb der Politik, wachsenden Legitimitätsherausforderungen, der sinkenden Effektivität von politischer Führung und mit immer größer werdenden geopolitischen Veränderungen.

„By analytically disaggregating the polycrisis into underlying crisis trends and their EU manifestations, we aim to provide a more systematic exploration of actual and potential interactions between the wider dynamics of contemporary European integration and EU climate governance […]” (S. 960f).

Im nächsten Abschnitt bieten die Autoren einen kurzen Abriss zur Geschichte der EU-Klimapolitik, in dem sie wichtige Meilensteine aufzählen. Gerade im 21. Jahrhundert hatte die Klimapolitik der EU einen großen Einfluss. Angeführt werden unter anderem das Klima- und Energiepaket für 2020 und die Agenda 2030 sowie das Vorhaben der EU, bis 2050 klimaneutral zu werden. Obwohl die EU trotz der Polykrise einige Erfolge zu verbuchen hat, muss sie auf EU- wie auf Staatenebene stark anziehen, um die Ziele für 2030 erreichen zu können.

Nun gehen die Autoren näher auf die einzelnen Punkte der fünf Krisentrends ein, angefangen mit den wachsenden sozio-politischen Trennlinien innerhalb der Gesellschaft. Als Ursachen für die Trennung werden mehrere Punkte genannt. Unter anderem die Abgabe einiger staatlicher Kompetenzen an die EU, die voranschreitende Globalisierung, Wertekonflikte zwischen Generationen sowie sozio-ökonomische Transformationen. Der Aufstieg euroskeptischer, oft nationalistischer Parteien hat ebenfalls Einfluss auf die Klimapolitik. Diese Parteien und Bewegungen sind oft ebenfalls Klimawandelleugner, wodurch sie Veränderung im Weg stehen.

Klima- und Umweltpolitik leiden stark unter post-faktischen Kommunikationsformen. „Policymaking“ auf EU-Level lebt von dem Input von Experten. Fehlinformationen und nostalgische, nicht mehr zeitgemäße Perspektiven behindern hier den Fortschritt immens.

Die sinkende Effektivität des Regierens lässt sich auf ein ambivalentes Verhalten der EU gegenüber diesem Krisenfeld zurückführen. Einerseits kann die EU so verstanden werden, dass sie mehr Regierungskapazitäten öffnet, indem einige Entscheidungen auf die EU-Ebene gehoben werden. Diese Entscheidungen sind meistens von der Majorität angenommen. Allerdings gibt es auf der anderen Seite einige Konfliktfelder innerhalb der Mitgliedsstaaten.

Durch einige signifikante geopolitische Veränderungen hat die EU an Einfluss auf die internationale Klimapolitik verloren. Das liegt daran, dass die EU einen immer kleiner werdenden Teil an globalen Emissionen ausstößt.

Nun gehen die Autoren über zu den Ergebnissen der Beiträge zu diesem Paper. Die Ergebnisse umfassen den Effekt des Krisentrends auf die EU-Klimapolitik, die Natur der zugrundeliegenden treibenden Kräfte und die Rolle von Interaktion und Feedback. Zum ersten Punktes wurde herausgefunden, dass der Aufstieg populistischer Parteien und Strömungen kleinere Änderungen in der Klimapolitik der EU zwar geduldet haben, allerdings haben sie ambitioniertere Versuche, den Kurs zu wechseln, stets versucht zu blockieren und es oft geschafft. Die Krise kann zumindest teilweise als treibender Faktor gesehen werden, da sie oft eine Reaktion erzwingt.

Zum zweiten Punkt erklären die Autoren, dass es innerhalb der EU oft verschiedene Meinungen gibt, aber auch Kräfte, die sich gegenseitig ausgleichen. Parallel zum Aufstieg populistischer, rechts-orientierter Parteien und Bewegungen, die stark klimakritisch agieren, gab es einen Aufstieg radikaler linker Bewegungen. Letztere sprechen sich oft für eine radikalere Klimapolitik der EU aus und gleichen so einigermaßen die Euro- und Klimaskepsis aus.

Im dritten Punkt illustrieren die Autoren die Risiken, die Handlungen wie das Verfolgen einer großen Klimastrategie mit sich bringen können. Zum Beispiel eine Verstärkung des Ost-West-Konfliktes innerhalb der EU.

„However, whether and to what extent an EU grand climate strategy would indeed reinforce existing Geopolitical Shifts would depend on the eventual form it took.” (S.972)

Abschließend listen die Autoren drei Punkte auf, die sie besonders beschäftigen. Sie betonen, dass es hinsichtlich der Erforschung der Krisentrends noch viel Luft nach oben gibt. Genauso gibt es weitere Aspekte der EU-Klimapolitik, die genauer betrachtet werden können. Als letzten Punkt führen sie an, dass die meisten Beiträge zur EU-Klimapolitik auf Policy-Positionen fokussiert sind statt auf „policy implementation“, also die tatsächliche Realisierung.

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