Freitag, 2. Juli 2021

Lösungsansätze in der Polykrise

In diesem Beitrag stellt Lea Franziska Knoß folgenden Text vor:

Lübkemeier, Eckhard / Ondarza, Nicolai von (2017). Im Schatten der Poly-Krise: Leitlinien für eine Erneuerung der EU nach dem Jubiläums-Gipfel in Rom (SWP-Aktuell, 15/2017), Berlin: Stiftung Wissenschaft und Politik -SWP- Deutsches Institut für Internationale Politik und Sicherheit, https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:0168-ssoar-51918-2.

Der Aufsatz, welcher sich der Poly-Krise der EU widmet, erläutert zunächst den Status quo des Jahres 2017 sowie die Risiken und Gefahren, aber auch Chancen und Potentiale der EU. Prägende Bestandteile sind dabei die „Leitlinien für eine Erneuerung“ bzw. Lösungsansätze in Bezug auf die Polykrise.

Lübkemeier und Ondarza führen zunächst einführend die andauernden bzw. prägenden Krisen und Geschehnisse der EU vor Augen. Hervorgehoben wird dabei der Status Europas als „kritisch“. Krisen wie z.B. die Schuldenkrise seien nicht hinreichend überwunden. In jedem Fall, so schreiben die Verfasser, habe die Solidarität und Zustimmung erheblich gelitten. Die EU sei zwar „robuster“ als angenommen, aber dennoch nicht vor weiteren Erschütterungen sicher, was Reformen nach sich ziehen müsse (vgl. S. 1).

Die EU sei in den letzten beiden Jahrzenten immer wieder durch „Aufbrüche“ gekennzeichnet gewesen, was an der Vielzahl der Krisen liegt, welche über die Jahre entstanden sind. Prägende Krisen seien u.a. der Brexit, aber auch die aufgekommene Abkehr von demokratischen und rechtsstaatlichen Prinzipien.

„Weniger „Union“ und mehr Zerrissenheit war vielleicht nie.“ (S. 2)

Im Text wird dann die Robustheit mittels entscheidender Resilienzfaktoren erläutert. Laut Lübkemeier und Ondarza sind es folgende Faktoren, die die Robustheit ausmachen: Der Binnenmarkt als wichtiger „Handelsrahmen“, die andauernde Unterstützung des Euro, die „Kernmotive“ Europas wie z.B. Frieden und Schutz, die erforderliche Zusammenarbeit der Nationalstaaten und die Werte Europas wie z.B. Rechtsstaatlichkeit und Demokratie (vgl. S. 2-3).

Lübkemeier und Ondarza heben hervor, dass diese Resilienz jedoch ausbaufähig sei und jederzeit mit einer neuen Krise bzw. einer neuen Erschütterung zu rechnen sei. Es sei vor allem das wachsende Misstrauen, die „EU-Skepsis“, aber auch der Brexit als Exit-Strategie als, wie das Duo betont, „Alternative“ zur EU, welche als Bedrohung aufzufassen sind (vgl. S. 3 ff.).

„Kurzum: Die EU kann zerfallen, wenn sie als selbstverständlich gilt, und sie wird zerfallen, wenn sie als bloße Antwort auf die Vergangenheit erscheint und nicht als kollektives Projekt zur Stärkung der gemeinsamen Souveränität im 21. Jahrhundert.“ (S. 3)

Es gebe keine Garantie dafür, dass Krisen Europa und speziell die EU zusammenwachsen lassen (vgl. S. 3). Krisen konnten zwar einigermaßen behoben, aber strukturelle Defizite nicht aufgehoben werden (vgl. S. 4). Eine Lösung der Polykrise erscheint erschwert, da mehrere Ansätze und Ideen im Raum stehen. Lübkemeier und Ondarza heben die europäische Integration als zentrales Element hervor, welche vor allem auf den Rückhalt in der Gesellschaft angewiesen sei. Eine Desintegration hingegen sei kontraproduktiv. da die Handlungsfähigkeit nicht gestärkt werden würde (vgl. S. 5).

„Renationalisierung ist deshalb keine Lösung, sondern ein Problemverstärker.“ (S. 5)

Ein Ansatz, welcher materielle und institutionelle Vergemeinschaftung vorsieht, sei auf den Rückhalt, den Willen und die Unterstützung der Mitgliedstaaten angewiesen. Der Integrationsprozess erfordere generell deren Rückhalt und die verbundene Abgabe von Souveränität (vgl. S. 5).

Eine weitere Lösung seien „zwischenstaatliche Koordinationen“, welche es zu stärken gelte. Lübkemeier und Ondarza erwähnen den „Bratislava-Fahrplan“, welcher zum Ziel hatte, „Einheit zu demonstrieren“ und die Bürger:innen wieder mehr zu überzeugen (vgl. S. 6-7). Zu erwähnen sei aber auch, dass weitreichendere Reformdebatten ausblieben.

Lübkemeier und Ondarza heben hervor, dass die EU in Zeiten wachsender Anspannung, u.a. durch Russland hervorgerufen, auf eine (engere) Zusammenarbeit und Bündelung der Kräfte angewiesen sei, möchte sie ihre Werte und Prinzipien behaupten.

„Was nicht helfen würde, wäre der Versuch, fehlende materielle Fortschritte bei Wohlstand und Sicherheit (»Output-Legitimation«) durch Abbau des vielbeklagten »Demokratiedefizits« der EU (»Input-Legitimation«) zu kompensieren.“ (S. 5)

Es müsse eher darum gehen, sich auf den Binnenmarkt zu fokussieren und ihn weiter auszubauen und somit den Zusammenhalt zu stärken. Von der Vertiefung des Binnenmarkts ausgehend können dann weitere Bereiche wie z.B. die Energiepolitik vertieft werden (vgl. S. 7). Im Vordergrund, so konstatieren Lübkemeier und Ondarza, stehen aber auch „vertragskonformes Verhalten“ und eine „bessere Umsetzung geltender Beschlüsse“ (S. 7). Es sei der Zusammenhalt, der immer wieder von zentraler Bedeutung zu sein scheint.

Die Verfasser sprechen des Weiteren von einer „Koalition der Willigen“, welche ermöglicht werden soll und woran jeder Mitgliedstaat teilnehmen kann. Um Reformen voranzubringen und den Zusammenhalt zu stärken, muss außerdem die Frage nach der Führung geklärt werden. Hier erweist sich die Beteiligung Deutschlands und Frankreichs laut Lübkemeier und Ondarza als unverzichtbar (vgl. S. 8).

Abschließend bilanzieren Lübkemeier und Ondarza, dass es vor allem zusätzlich zu den Reformen, welche auf der Ebene der Organe der EU zu erfolgen haben, auch vermehrt um den Einsatz und die Mitarbeit der Mitgliedstaaten geht. Deren Haltung und Mitarbeit scheint, so schreiben die Verfasser, der „Schlüssel“ zur „nachhaltigen Erneuerung der EU“ zu sein (S. 8).

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