Dienstag, 6. Juli 2021

EU-Berichterstattung und Euroskeptizismus

In diesem Beitrag stellt Laura Schulz folgenden Aufsatz vor:

Galpin, Charlotte / Trenz, Hans-Jörg (2018): Die Euroskeptizismus-Spirale: EU-Berichterstattung und Medien-Negativität; in: Österreich Z Soziol 43, S. 147–172, online unter: https://doi.org/10.1007/s11614-018-0294-x.

Galpin und Trenz gehen in ihrem Beitrag der Frage nach, ob die mediale Darstellung der EU in den Nachrichten eine „Euroskeptizismus-Spirale“ erzeugt, in der sich Nachfrage an Negativitätskriterien und Nachrichtenangebot anpassen, so dass die Delegitimierung des europäischen Integrationsprojekts verstärkt wird.

Im Rahmen der Wahlen zum Europäischen Parlament im Jahr 2014 waren länderübergreifende Erfolge euroskeptischer Parteien zu beobachten. Die negative Berichterstattung zum Thema EU kann nach Galpin und Trenz auch auf deren Mobilisierungsstrategien zurückgeführt werden, die die Krise Europas nutzten, um Stimmen der Bürger*innen für sich zu gewinnen.

Die Wahlerfolge dieser Parteien stehen in einem bislang ungeklärten Zusammenhang zur europapolitischen Medienberichterstattung, zu Interpretationsrastern und Selektionsmechanismen, die den Wähler*innen eine bestimmte Meinung vermitteln soll. Wird die deutsche Berichterstattung betrachtet, so kann gesagt werden, dass diese von einem breiten, parteiübergreifenden Konsens zu Europa getragen wurde. In Großbritannien hingegen überwog ein konfrontativer Stil der Parteien, aber auch des Journalismus.

Europapolitische Beschlüsse werden zudem immer mehr zur Zielscheibe der Parteien, die den Bürger*innen Alternativen bieten wollen. Soziodemographisch kann gesagt werden, dass Befürworter*innen der EU meist als Integrationsgewinner bezeichnet werden können, die über ein hohes Kapital von Sprachkompetenzen und Bildung verfügen. EU-Gegner identifizieren sich hingegen oft mit der „Verlierer-Seite“ der Europäisierung und fühlen sich dadurch eher in national-populistischen Kreisen wieder.

„Der Euroskeptizismus kann als eine Folge der supranationalen Herrschaftsausübung interpretiert werden, welche sich bestimmten Mechanismen der politischen Legitimation unterwerfen muss. Demokratische Legitimität wird dabei zum Orientierungshorizont für die Beurteilungen der Bürgerinnen und Bürger, wenn ihre Mitentscheidung beispielsweise bei Wahlen gefragt ist.“ (S. 151)

Außerdem gehen Galpin und Trenz auf wirtschaftliche Faktoren der Berichterstattung ein und stellen folgende Thesen auf:

„Der Kampf um Meinungen ist im Wesentlichen ein Kampf um Marktanteile. Auf oberer Ebene kommt es zur Ausbildung von marktbeherrschenden Monopolen, wie etwa die Murdoch Presse in Großbritannien, die in der europapolitischen Auseinandersetzung eine dezidiert anti-europäische Position einnimmt und gegen Marktkonkurrenten erfolgreich verteidigt. Auf unterer Ebene wird der Meinungskampf von den Journalisten selber ausgetragen, die sich ständig auf der Jagt nach dem Scoop (der Exklusivmeldung) befinden.“ (S. 151)

Es sind aber auch Defizite in der Öffentlichkeitsarbeit der EU erkennbar, die unbedingt verbessert werden sollten, damit die Bürger*innen ausreichend und vor allem objektiv über die Europäische Union informiert werden. Es können also nicht nur die Medien zur Verantwortung gezogen werden, sondern auch die Europäische Union selbst sollte in der Zukunft aktiver werden und heutige, mediale Entwicklungen nutzen, um auch Vorteile der Gemeinschaft aufzuzeigen. Somit haben Bürger*innen die Möglichkeit, sich vielseitiger zu informieren, um sich eine fundierte Meinung zu bilden.

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