Eine weitere Schwäche, die Schwarzer anspricht, waren der sofortigen, nationalen Alleingänge einzelner Staaten zur Eindämmung von COVID-19. So Frankreich beschlagnahmte Schutzmasken und Deutschland stoppte die Ausfuhr von Schutzausrüstungen. Des Weiteren wurde von heute auf morgen der Binnenmarkt innerhalb der EU durch Grenzschließungen behindert. Dass dies zum Teil gegen geltendes Recht verstieß, war in diesem Zusammenhang den meisten Staaten egal.
Es wurde in dieser Krise/Ausnahmesituation wieder einmal deutlich, dass die EU so lange funktioniert, wie es allen gut geht. Sobald aber Bedrohungen spürbar sind, pochen die Staaten wieder auf die Durchsetzung ihrer eigenen Interessen, anstatt gemeinsam eine Lösung zu finden.
Staaten wie Spanien und Italien, die jahrelang von der EU zu Sparmaßnahmen gezwungen wurden, konnten die Pandemie nicht mehr in den Griff bekommen. Die EU wusste jedoch am Anfang der Pandemie nicht genau, wie sie damit umgehen solle. Aus diesem Grund erhielt Italien dann Hilfe von China, dass das Land mit Schutzausrüstung versorgte.
Hat in diesem Moment nicht die Solidarität innerhalb der EU versagt? Wenn ein Land wie Italien Hilfe von der EU anfordert, diese dem Hilferuf aber nicht bzw. zu spät nachkommt und das Land dann von Drittstaaten unterstützt wird, dann ist dies in meinen Augen ein Versagen von Seiten der EU. So sieht es zumindest auch Daniela Schwarzer und spricht von fehlenden „Solidaritätsbekundungen“, bzw. von „tiefen politischen Enttäuschungen“. Sie erinnert an die Zeiten der Eurokrise, als dies ebenfalls ausblieb. Doch Schwarzer tadelt nicht nur, sie lobt auch. Denn sie schreibt weiter, dass die EU nun endlich auch „Fähigkeit zur Selbstkorrektur“ bewies und so „wurde das Krisenmanagement im Europäischen Rat zur Chefsache“ gemacht. Dies ist für mich ebenso ein starkes Zeichen an all die Kritiker, welche auch gerade wieder inaktuellen Situation davon sprechen, dass nur der Nationalstaat solche Probleme lösen könne.
Und so zählt Schwarzer weitere positive Beispiele auf, in denen die EU wieder Vertrauen zurückgewinnen konnte. Zum Beispiel Koordinierungstreffen seitens der EU-Kommission zur Rückholung gestrandeter EU-Bürger aus Drittstaaten. Patienten wurden innerhalb der Staaten in der EU verlegt, sodass diese besser versorgt werden können, und europäische Unternehmen stellten Schutzausrüstung her. Hier zeigt sich das schöne Gesicht der EU, und lässt nicht nur Kritiker verstummen, sondern hoffentlich kann hier weiterhin Boden gut gemacht werde im „Kampf“ gegen Populismus und zu viel nationalistischem Gedankengut.
Auch wenn die EU in die voraussichtlich größte Wirtschaftskrise gehen wird, sollte man sich überlegen, ob man nicht eher gemeinsam einen Weg aus dieser findet, als die Staaten sich allein zu überlassen. Auch wenn nun Hilfspakete in Milliardenhöhe versprochen wurden, bleibt die Frage, ob diese Krise die Kluft zwischen den einzelnen Ländern nicht noch tiefer macht. Schwarzer hebt hier abermals die Rolle Deutschlands hervor und betont, dass der „Abschluss“ für die Verhandlungen des EU-Finanzrahmens „unter deutschen EU-Ratspräsidentschaft“ erfolgen sollte. Die Wichtigkeit dieser Rolle kann meiner Meinung nicht oft genug betont werden.
Eine weitere Gefahr, die von der Wirtschaftskrise ausgehen wird, ist die Zustimmung der Wähler für Populisten. Die Wirtschaftskrise 2008 hatte verschiedene Populisten mit einem europafeindlichen Kurs in die Parlamente der Länder gebracht. Regierungen könnten ihren Rückhalt in der Gesellschaft verlieren und somit durch Populisten ersetzt werden. Diese Entwicklung sehe ich mit größter Besorgnis, denn bereits jetzt, wie auch Schwarzer schreibt, „stehen einige Länder unter Beobachtung“ aufgrund ihres Abbaus der Rechtsstaatlichkeit.
Einen für mich sehr interessanten Aspekt liefert Schwarzer zum Schluss, in dem sie vom gerade jetzt wachsenden Einfluss Chinas spricht. Sie schlussfolgert aus der „womöglich rascheren Erholung der chinesischen Volkswirtschaft“, dass dies Europa zum Einfallstor für Investoren macht. Hier kann ich nur hoffen, dass die EU auch diese Sorge auf dem Schirm hat und dementsprechend Pekings Aktivitäten auf dem europäischen Binnenmarkt sehr genau beobachtet.
Deutschland sollte daher die kommende EU-Ratspräsidentschaft als Chance sehen und nutzen, für internationale Kooperation plädieren und klar deutlich machen, dass ein erfolgreiches Krisenmanagement nur durch die Zusammenarbeit aller Mitgliedsländer unter einem Dach möglich ist. Schwarzer fügt indes noch weise hinzu, „das wird nicht ohne Konflikte im Inneren und in den Außenbeziehungen möglich sein“.
In der Krise muss entschlossen und
gemeinsam gehandelt werden, sonst könnte es sein, dass Europa an
dieser Krise zerbricht und zur „Kolonie“ Chinas wird.
Daniel Christen, Melisa Duran, Magdalena Durchdewald, Sebastian Koschmieder, Gurmeet Kaur, Marcel Moser, Tobias Warth und Lukas Richter
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