Kiran Klaus Patel: EU in der Corona-Krise: Die Hilfe muss schnell und flexibel kommen (Zeit, 12.04.20)
Hat die Europäische Union in Sachen Corona-Krise bereits versagt? Die Reaktionen der letzten Wochen waren wenig koordiniert, jedes Land versuchte innerhalb der Ländergrenzen Handlungsfähigkeit zu demonstrieren, riegelte sich gegenüber den Nachbarländern ab, und der Wettlauf, auf dem globalen Markt Schutzkleidung und Masken zu organisieren, begann.
Auch die politischen Ansätze unterscheiden sich markant und haben nichts mit einer gemeinsamen Vorgehensweise zu tun. Und wo war die EU? Einerseits kann Brüssel nicht viel erreichen, wenn die großen europäischen Hauptstädte nicht mitziehen, und dazu kommt, dass die EU im Gesundheitsbereich kaum über Kompetenzen verfügt - das erschwert schnelles Handeln ungemein. Die wesentlichen Kompetenzen, um auf diese Krise zu reagieren, liegen schlicht und ergreifend außerhalb des Kompetenzbereichs der EU.
Vergleichen kann man die heutige Krise nicht unbedingt mit den ökonomischen Erschütterungen in den 70er Jahren, wobei auch damals das Verhaltensmuster zu Anfang ein ähnliches war - nationale Lösungen anstelle von internationaler Zusammenarbeit. Jedoch verfügte die EG damals im für das Problem ausschlaggebenden Bereich über mehr Kompetenzen als die EU in Bezug auf Corona.
Fest steht, dass die EU ohne verstärktes gemeinschaftliches Handeln weiter an Ansehen verlieren wird, vor allem in den Ländern, die von Corona am stärksten betroffen sind. Das kann dem Rechtspopulismus weiter Auftrieb geben und die autoritäre Option auch jenseits von Ungarn stärken - so könnte die EU zu einem Hauptopfer der Pandemie werden. Wenn Sie jetzt nicht liefert, hat sie für viele ihre Daseinsberechtigung verloren.
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