Donnerstag, 28. Mai 2020

Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu EZB-Anleihekäufen

Das Urteil des deutschen Verfassungsgerichts vom 5. Mai 2020 hat hohe Wellen geschlagen. Es geht im Kern um die Rechtsordnung im EU-Mehrebenensystem und damit um eine zentrale Thematik. Eine chronologisch geordnete Auswahl an lesenswerten Beiträgen zu dieser Debatte: 
  • Bundesverfassungsgericht: Beschlüsse der EZB zum Staatsanleihekaufprogramm kompetenzwidrig; Pressemitteilung Nr. 32/2020 vom 05.05.2020 (Website BVG)
  • Cerstin Gammelin: Urteil zu EZB-Anleihekäufen: Schlechte Nachricht für Europa (Süddeutsche Zeitung, 05.05.2020)
  • Wolfgang Janisch: Bundesverfassungsgericht: Kontrolle ist besser (Süddeutsche Zeitung, 05.05.2020) 
  • Corinna Budras / Christian Siedenbiedel: Was das Urteil zum EZB-Kaufprogramm bedeutet (FAZ, 05.05.2020)
  • Stefan Kaiser: Urteil zu EZB-Anleihekäufen: Die seltsame Machtdemonstration der Verfassungsrichter (Spiegel, 05.05.2020)
  • David Böcking: Urteil zu EZB-Hilfen: Misstrauen aus Karlsruhe (Spiegel, 05.05.2020)
  • Jan Puhl: Warum Osteuropas Rechtspopulisten über deutsche Richter jubeln (Spiegel, 06.05.2020)
  • Sophia Hofer: EuGH sieht europäisches Justizsystem durch EZB-Urteil gefährdet (Zeit, 08.05.2020)
  • Thomas Fricke: EZB-Urteil: Richter von gestern (Spiegel, 08.05.2020)
  • Björn Finke / Cerstin Gammelin / Wolfgang Janisch / Matthias Kolb: Konflikt um EU-Anleihen: Heikel, aber vielleicht heilbar (Süddeutsche Zeitung, 11.05.2020)
  • Reinhard Müller: Verfassungsrichter Huber im Gespräch: „Das EZB-Urteil war zwingend“ (FAZ, 12.05.2020)
  • Liane Bednarz: Warum das EZB-Urteil die EU stärkt, nicht schwächt (Spiegel, 12.05.2020)
  • Mark Schieritz: Europäische Zentralbank: Schutzpatron der Kleinsparer (Zeit, 13.05.2020)
  • Mark Schieritz: EZB: Wer gibt hier nach? (Zeit, 13.05.2020)
  • Sebastian Diessner: Can greater central bank accountability defuse the conflict between the Bundesverfassungsgericht and the European Central Bank? (LSE Blog EUROPP, 13.05.2020)
  • Wolfgang Janisch: EZB-Urteil: Wie es zum großen Knall kommen konnte (Süddeutsche Zeitung, 15.05.2020)
  • Holger Schmieding: Karlsruher EZB-Urteil: Der Irrtum der Richter (FAZ, 15.05.2020)
  • Thomas Gutschker: Kampf um das letzte Wort (Das Parlament, 18.05.2020) 
  • Dieter Grimm: EZB-Urteil und die Folgen: Jetzt war es so weit (FAZ, 18.05.2020)
  • Marlene Grunert / Thomas Gutschker / Konrad Schuller: Richter gegen Richter: Wenn Europa sein Schwert zieht (FAZ, 19.05.2020)
  • Waltraud Schelkle: Who said that Germans have no sense of irony? (LSE Blog EUROPP, 19.05.2020)
  • Peter Bofinger/ Martin Hellwig / Michael Hüther / Monika Schnitzer / Moritz Schularick / Guntram Wolff: Gefahr für die Unabhängigkeit der Notenbank (Institut der deutschen Wirtschaft, FAZ-Gastbeitrag, 29.05.2020)
  • Gesine Schwan: Debatte zum EZB-Urteil: Der Weg aus der Falle (FAZ, 05.06.2020)
  • Marc van der Woude: Einzigartig und zerbrechlich (FAZ, 08.06.2020)
  • Udo Di Fabio: Europas Verfassungskrise (FAZ, 10.06.2020)

Mittwoch, 27. Mai 2020

EU und "Flüchtlingskrise"

Der Sitzungsschwerpunkt in dieser Woche ist die "Flüchtlingskrise", mit der wir uns als Verantwortungsgruppe intensiv beschäftigt haben.

1) Die Pflichtlektüre "Grenzenloses Europa und die Grenzen Europas" von Tanja A. Börzel haben wir für euch zusammengefasst. Die Zusammenfassung findet ihr im Moodle-Kurs als pdf-Datei.

2) Unter den zwei folgenden Links findet ihr einen Podcast über die Flüchtlingsfrage und einen über Flüchtlingskinder. Wir würden euch bitten, diese anzuhören und unter diesem Blog-Beitrag Stellung dazu zu nehmen oder ganz einfach eure Gedanken zu äußern.
3) Außerdem findet ihr hier noch einige Quellen, mit denen ihr euch über das Flüchtlingsrecht informieren könnt.
Wir wünschen viel Spaß dabei und bedanken uns für eure Mitarbeit!
Lea Schwarz, Laura Schulz, Sophia Schulze, Vanessa Hofmaier und Helin Tufan

Montag, 25. Mai 2020

SWP zum Thema "EU und Corona"

Praktisch gleichzeitig mit unserem resümierenden Beitrag zum Thema "EU und Corona-Krise" hat die Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) ein SWP-Aktuell zu demselben Thema veröffentlicht, das zudem die Konfliktlinien innerhalb der EU nachzeichnet und die Rolle Deutschlands in den Blick nimmt, also das Thema unserer Referatsgruppe (Führungskrise / Problem der deutschen Hegemonie). Es gibt also gleich mehrere Gründe, um den kurzen Text genau zu lesen:

Kai-Olaf Lang, Nicolai von Ondarza: Neue Freunde in der Not. Die Corona-Pandemie verschiebt das Gruppengefüge in der EU, SWP-Aktuell 2020/A 39, Mai 2020.
Die Corona-Pandemie und ihre wirtschaftlichen wie sozialen Folgen stellen den Zu­sammenhalt der EU, aber auch die Machtbalance in der Union vor eine neue Bewährungsprobe. Die (Nicht-)Reaktion der EU zementiert die nationale Souveränität der Mitgliedstaaten und die Dominanz des Intergouvernementalen in der Krise. Zwischen den Staaten verschiebt sich der Spalt zwischen Nord und Süd: Folge einer europa­politischen Offensive Spaniens und Italiens, einer stärkeren »Südorientierung« Frank­reichs und eines gleichzeitigen Zerbröckelns der »Neuen Hanse«. Konjunktur haben vor allem Gruppen als Interessenverbände, die Differenzen in der EU verschärfen statt sie zu überwinden. Deutschland, ab dem 1. Juli 2020 als Ratsvorsitz in beson­derer Vermittlungsrolle, ist als Brückenbauer gefragt.

Ein mehrdimensionaler Blick auf die EU in der Corona-Krise

Betrachten wir die historische Entwicklung der Europäischen Union, so wird schnell deutlich, dass sich deren Struktur sowie Zuständigkeiten mit den an sie gestellten Herausforderungen geformt hat. In der aktuellen Berichterstattung zur Corona-Krise werden häufig die Eurokrise und die immer noch aktuelle Flüchtlingskrise als Beispiele herangezogen, um aufzuzeigen, dass das europäische Projekt im Ernstfall nicht funktioniere. Doch sind es nicht genau diese Krisen der Vergangenheit, an denen die europäische Idee gewachsen ist? Wo liegen die eigentlichen Wurzeln dieses supranationalen Staatenbundes? Welche Maßstäbe legen wir an, um eine Beurteilung des gemeinsamen Krisenmanagements vorzunehmen?

Rüttgers und Decker (2017) beschreiben die Geschichte der europäischen Integration als eine Abfolge von Krisen, aus denen die Gemeinschaft die richtigen Lehren und neue Stärke gezogen hat. Einer der Gründerväter, Jean Monnet, hatte bereits zu Beginn prognostiziert: „Europa wird in den Krisen geschmiedet werden. Und es wird die Summe der zur Bewältigung dieser Krisen verabschiedeten Lösungen sein", die es formen werden.

Bis zu welchem Grad der Integrationsprozess zu einer Verbesserung beiträgt, wird öffentlich kontrovers diskutiert. Überzeugte Europäer stimmen bereits den Abgesang der Nationalstaaten an, wie wir sie aus den letzten Jahrzehnten kennen. Es ist die Rede davon, nationale Grenzen zu überwinden und globale Herausforderungen auch ihrer Tragweite entsprechend zu lösen. Auf der anderen Seite werden Stimmen laut, die der EU seit der in den 1990er Jahren vorgenommenen Einführung einer gemeinsamen Währung und der Aufnahme von acht (zu denen später noch weitere hinzukamen) mittelosteuropäischer Länder eine Überforderung bzw. Überdehnung diagnostizieren (Decker & Rüttgers, 2017).

Was wir in den letzten Jahren zweifelsfrei beobachten konnten, ist die wachsende Zustimmung für europakritische populistische Akteure, welchen es vermehrt gelingt, die EU für zentrale nationale Probleme verantwortlich zu machen. Die Spitze dieser Entwicklung stellte der Beschluss Großbritanniens zu einem Ausstieg aus der EU dar. Mehr zum Thema Populismus in der EU findet man hier.

Timm Beichelt (2017) beschäftigt sich in seinem Beitrag unter anderem mit der Anatomie der europäischen Krisenpolitik und liefert interessante Erkenntnisse. Er wirft dabei einen Blick auf die Diagnose, der EU fehle es an der nötigen zwischenstaatlichen Solidarität, um Krisen gemeinschaftlich bewältigen zu können. Dies wird dadurch begründet, dass aufgrund unterschiedlicher Interessen zum Teil gegenläufige Ziele verfolgt werden. Wie jedoch auch auf nationaler Ebene, zeichnet sich ein demokratisches politisches System gerade durch das Austragen von Konflikten aus. Nach Beichelt sind sie es, die die Voraussetzung und untrennbare Essenz von Demokratien darstellen.

Er geht sogar noch einen Schritt weiter und bezeichnet Konflikte, sofern diese in Form legitimer Auseinandersetzungen stattfinden, als weitere Demokratisierungsschübe für die EU, wodurch zusätzlich deren Legitimation gestärkt wird. Die dabei wiederkehrenden Konfliktlinien lassen sich ebenso in nationalen Kontexten erkennen. Im Fall der Europolitik „[…] geht es um die Verteilung von Wohlstand und Entwicklungschancen innerhalb einer wirtschaftlich heterogenen Gemeinschaft […]“ (Beichelt, 2017, S. 96). Bei der Flüchtlingspolitik stellt sich die Frage nach der eigenen kulturellen Identität und wie weit eine Gesellschaft bereit ist, sich für vermeintlich Fremdes zu öffnen.

Die Covid-19-Pandemie stellt die EU aktuell vor ihre bisher größte Herausforderung. Vor allem die Mehrdimensionalität ihrer Auswirkungen und Folgen ist hierfür verantwortlich. Neben der zu erwartenden starken wirtschaftlichen Rezession, gesundheitspolitischen Themen und dem bereits viel diskutierten Solidaritätsdefizit birgt die Corona-Krise sowohl Chancen als auch Gefahren für den Fortbestand der EU. Im Folgenden werden die angesprochenen Dimensionen nun genauer betrachtet, wobei der Fokus auf der Abbildung einer mehrperspektivischen Darstellung liegen soll.

Mittwoch, 13. Mai 2020

Führungskrise in der EU

Liebe Kommiliton*innen,

“Europa wird aus Krisen geboren.” Diese Meinung vertrat schon einst Jean Monnet. Doch Deutschland in der vermeintlichen Rolle als europäischer Zentralmacht sah sich schon früh zahlreichen Vorwürfen ausgesetzt. “Ihr Deutschen wollt nicht Deutschland in Europa verankern. Ihr wollt den Rest Europas in Deutschland verankern”, kritisierte Margaret Thatcher bereits nach der Wiedervereinigung. Mit dieser Meinung stößt sie auch heute auf Zustimmung unter einigen europäischen Nachbarländern. Mehr oder weniger unabsichtlich geriet Deutschland in die Rolle des Hegemons Europas.

Dabei sind die Aufgaben eines Hegemons bzw. einer "Macht der Mitte" in Europa nicht ohne. Es bedarf großen diplomatischen Geschicks und eines ständigen Suchens nach einer gemeinsamen Linie. Münkler schreibt: “Die Aufgaben, die von der Zentralmacht Europas zu bewältigen sind, gleichen der Quadratur des Kreises.”

Als Referatsgruppe zur Thematik "Führungskrise / Deutsche Hegemonie" haben wir zum Text von Herfried Münkler ein Quiz erstellt. Eine Zusammenfassung des Textes erhaltet ihr hier, eine Anregung zur Umsetzung der Thematik in der Schule hier. 

Zentrale Fragen an den Text:
  • "Die Krise kann Europa stärken - wenn Deutschland das Nötige tut”, lautet der Titel eines Online-Artikels. Bestätigt oder widerlegt die Aussage, dass Deutschland als semi-hegemonialer Akteur und angesehene “Macht der Mitte” diese zentrale Rolle bereits innehat? Welche Anzeichen gibt es hierfür?
  • Ist die Entscheidung Merkels, die Grenzen im Zuge der “Flüchtlingskrise” zu öffnen, ein Beispiel für die hegemoniale Stellung Deutschlands?
  • Die USA zieht sich zunehmend aus der Rolle der Schutzmacht (Europas) zurück. Nimmt Deutschland daher verstärkt diese Rolle ein? Macht dies eine europäische Verteidigungsarmee notwendig?
  • Scheitert Deutschland an den Aufgaben der europäischen Zentralmacht, dann scheitert auch Europa!? Nehmt Stellung zu dieser Aussage.

Weiterführende Links zum besseren Verständnis und zur Beantwortung der Fragen:

Gruß von der Referatsgruppe: Daniel Christen, Melisa Duran, Magdalena Durchdewald, Gurmeet Kaur, Sebastian Koschmieder, Marcel Moser, Tobias Warth und Lukas Richter

Sonntag, 10. Mai 2020

Ist Corona ein Test für die EU?

Kommentar zu "Die Corona-Krise als Bewährungsprobe für die EU" von Bernd Riegert (DW, 05.04.2020)

Die Corona-Krise betrifft alle europäischen Länder. Die Krise beeinträchtigt viele Errungenschaften, z.B. die Schengen Zone, den Binnenmarkt, den Studenten-Austausch und gemeinsame ökonomische Interessen. Die EU-Staaten kämpfen mit der Krise und deren Folgen einzeln. Es ist verständlich, dass jeder Staat zunächst für sich gehandelt hat. Aber Werte und Konstruktion der EU erfordern eine gemeinsame Aktion. Ohne gemeinsame Finanzierung ist es nicht möglich, diesen ökonomischen Zustand zu bewältigen. In diesem Sinne ist Corona ein Test für die EU.

Samstag, 9. Mai 2020

Wirtschaftliche Folgeprobleme der Corona-Pandemie

Kommentar zur Tagesschau vom 06.05.2020: EU vor Rezession von "historischem Ausmaß"

Die Corona-Pandemie ist eine neue, weitestgehend unbekannte Herausforderung für Europa. Doch Europa steht der Krise nicht ohnmächtig gegenüber. Europa tritt der Krise auf vielen Ebenen entgegen.

Die Arbeitslosenquote steigt deutlich an, und die Arbeitslosigkeit in der gesamten Europäischen Union wird voraussichtlich 2020 auf 9,6 Prozent steigen. Dann sollte die Rate im nächsten Jahr wieder auf 8,6 Prozent fallen. Untersuchungen zufolge werden junge Menschen große Schwierigkeiten haben, Arbeit zu finden. Die Inflation wird 2020 auf 0,2 Prozent und im nächsten Jahr auf durchschnittlich 1,1 Prozent sinken. Dies wird aber auch unter den 2 Prozent bleiben, was die Europäische Zentralbank (EZB) als Ziel anstrebt.

https://www.tagesschau.de/wirtschaft/corona-eurozone-rezession-101.html

Donnerstag, 7. Mai 2020

Podcast: Von der Eurokrise in die Corona-Rezession

Dies ist ein Vertiefungs-Angebot für den Referatsgruppenbeitrag vom 07.05.2020 zur  "Eurokrise".
Die Folge 13 von “beyond the obvious - der Ökonomie-Podcast mit Dr. Daniel Stelter” eröffnet einen tiefergehenden Blick auf die nur vermeintlich überwundene Eurokrise. Er zeigt auf, welche grundlegenden Probleme nachwirken und gekoppelt mit der Corona-Krise eine neue Schwächung der europäischen Ökonomie herbeiführen.

Im Podcast wird die Eurokrise am Beispiel öffentlicher Redebeiträge von Vertreter:innen der EU-Mitgliedsstaaten erklärt und im gleichen Zug ein Zusammenhang zur COVID19-Pandemie hergestellt. Gleichzeitig zeigt Dr. Daniel Stelter in seinen Beiträgen Maßnahmen auf, welche zu treffen wären und stellt als Kenner der Eurozone und der politischen Verflechtungen Prognosen auf. Anbei eine Sammlung interessanter Zitate von Dr. Daniel Stelter:
  • “Im übertragenen Sinne ist die Eurokrise bald ein chronisches Leiden. Aber kann man sie so behandeln, dass Symptome ausbleiben?”
  • “Großer Aktionismus auf politischer Seite ist nicht zu beobachten: die Politik denkt - weil wir keine akute Krise haben -, dass die Krise gelöst ist. Sie wird jedoch wieder aufbrechen und wir werden dann noch drastischere Maßnahmen sehen.” 
  • “Wenn man in die Geschichte von Währungsunionen blickt, sind letztlich alle Währungsunionen irgendwann gescheitert. Dies kann dem Euro passieren, jedoch kann dies noch sehr lange dauern. Weil der politische Wille, den Euro zu behalten, noch sehr groß ist.”
Diskussionsfrage: Was glaubt ihr: Stimmt die Aussage von Herrn Dr. Stelter, dass die Europäische Union bald unter einer chronischen Eurokrise leiden wird, die im schlimmsten Fall zu einem Scheitern der europäischen Währungsunion führen könnte? War es tatsächlich mit unserer alten Währung - der Deutschen Mark - besser, so wie es die Generation unserer (Groß-)Eltern oftmals sagen?

Schreibt uns eure Meinung in die Kommentare!

Naxhije Bujupi, Arta Mahmutaj, Josefa Ulrich, Bettina Wieland-Herberholz

Quiz zur Eurokrise

Liebe Kommiliton*innen,

als Referatsgruppe zum Thema "Eurokrise" haben wir Material zum besseren Verständnis gepostet, welches zur Vertiefung der Thematik dient. Zur Grundlagenliteratur von Fritz W. Scharpf ("Der europäische Währungsverbund: Von der erzwungenen Konvergenz zur differenzierten Integration") haben wir ein Quiz erstellt, bei welchem ihr eure Antworten überprüfen könnt. Folgender Link führt euch zum Quiz: https://docs.google.com/forms/d/1lenvTvZAMolSNUho_w0teavSUj1Z_cgV5agHAsi66s4/edit

Die Ergebnisse des Quiz werden wir im Laufe der Woche in Moodle oder auf dieser Plattform posten. Wir danken euch schon jetzt für eure Mitarbeit und wünschen euch viel Vergnügen beim Beantworten der Quiz-Fragen!

Arta Mahmutaj, Bettina Wieland-Herberholz, Naxhije Bujupi, Josefa Ulrich

Die sozialen und politischen Kosten der Sparpolitik - Stärkung des Rechtspopulismus?

Frank Bsirske / Klaus Busch (2018): Die sozialen und politischen Kosten der Austeritätspolitik - Schwächung der Gewerkschaften und Stärkung des Rechtspopulismus. [Online:] https://www.wsi.de/data/wsimit_2018_06_bsirske.pdf [Stand: 06.05.2020].

Im diesem Beitrag des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts mit Sitz in Düsseldorf steht die Sparpolitik nach der Eurokrise in der Kritik. Einerseits habe die USA mit ihrer wachstumsorientierten Wirtschaftspolitik die Krise nach 2008/2009 schneller überwunden als die Eurozone auf der Basis ihres Sparkurses. In den verschuldeten Eurostaaten brachte der Sparkurs laut wsi enorme soziale Kosten wie Arbeitslosigkeit und Lohnsenkungen mit sich. Die Analyse geht davon aus, dass aus dieser Austeritätspolitik politische Folgen erwuchsen, welche im Erstarken des Rechtspopulismus in etlichen EU-Staaten bestehe. Dies hänge damit zusammen, dass Teile der Bürger*innen die Euro- und Wirtschaftspolitik zurecht als ursächlich für die ökonomischen und sozialen Probleme ihrer Staaten sähen. Ein spannendes Zitat aus der Schlussbemerkung der Analyse:
Die wachsende Tendenz zu Rechtspopulismus und Nationalismus in Europa kann nur durch ein alternatives europäisches Wirtschafts- und Sozialmodell überwunden werden. Die neoliberalen Sparpolitiken und die rigiden Arbeitsmarkt- und Sozialstaatsreformen, die vor allem in den mediterranen Ländern verhängnisvolle sozialökonomische Auswirkungen hatten und in den meisten EU-Staaten die soziale Spaltung verschärft haben, müssen beendet werden. Die EU braucht eine Wirtschaftsregierung, die gemeinsame und asymmetrische Krisen bekämpfen kann. Diese Regierung muss eine ökologisch nachhaltige und beschäftigungsorientierte Wirtschaftspolitik betreiben und mit Hilfe eines europäischen Investitionsprogramms die Überwindung der sozioökonomischen Spaltung in Europa in Angriff nehmen. [...] Die heute immer stärker werdende Tendenz zum Irrationalismus in der europäischen Politik kann nur durch eine gerechte Wirtschafts- und Sozialpolitik überwunden werden, die sowohl die ökonomische und soziale Spaltung zwischen den Mitgliedstaaten als auch innerhalb der Staaten bekämpft und so einen neuen europäischen Sinn für Gemeinschaftliches und Gemeinsames stiftet (Bsirske und Busch: 525f.)

Arte: Die Folgen der Corona-Krise für die EU

arte.tv (2020): 4. Folge: Die Europäische Union. COVID-19, eine geopolitische Lektion. [Online:] https://www.arte.tv/de/videos/096952-004-A/4-folge-die-europaeische-union/ [Stand: 16.04.2020].

Wird die Corona-Krise die beschriebene Kluft zwischen Nord- und Südeuropa vergrößern oder verringern? Es bestehen große Unterschiede bei der Wirtschaftsleistung und im Gesundheitssystem zwischen dem Norden und Süden der Europäischen Union. Kann die Krise der Europäischen Union zu mehr Solidarität verhelfen und vom bloßen Abwägen von Geldern und Interessen wegführen? Es gibt vor allem in den Staaten im Norden der Eurozone Vorbehalte gegen Euro-Bonds oder Corona-Bonds, da hier das Gefühl vorherrscht, immer nur für andere zu bezahlen.

Der Unterschied bei der Coronakrise im Vergleich zur Eurokrise ist allerdings, dass diese ein externer Faktor ist und nicht auf gute oder schlechte Haushaltsführung zurückzuführen ist.

Eurokrise: Binnenwirtschaft vs. Exportwirtschaft

Gregor Gysi erklärt den Unterschied zwischen Exportwirtschaften und Binnenwirtschaften. Es wird deutlich, dass die Sparmaßnahmen, mit denen auf die Eurokrise regiert wurde, die Senkung der Reallöhne, Realrenten, Realsozialleistungen und die Zunahme prekärer Beschäftigung zur Folge hatten. Dadurch werden Staaten im Export billiger. Das Problem hierbei ist allerdings, dass die Eurozone wirtschaftlich und sozial gespalten ist.

Für Exportwirtschaften, die vorwiegend im Norden der Eurozone vorkommen, können die Sparmaßnahmen wirtschaftliche Prosperität bedeuten, da die Wettbewerbsfähigkeit steigt. Für Binnenwirtschaften, die mehrheitlich im Süden der Eurozone vorkommen, kann eine solche Maßnahme allerdings verheerende Folgen haben.

Binnenwirtschaften sind im Gegensatz dazu durch höhere Löhne, Renten und Sozialleistungen zu stabilisieren, da die Kaufkraft der Staatsbürger*innen steigt, auf die Binnenwirtschaften angewiesen sind. Durch Sparen sinkt die Kaufkraft der Bevölkerung, was schädlich für Binnenwirtschaften ist.

Die Maßnahmen, mit denen auf die Eurokrise reagiert wurde, hat die Eurozone noch weiter wirtschaftlich und sozial gespalten, da die Maßnahmen auf Exportwirtschaften zugeschnitten waren. Welche Folgen wird die Reaktion auf die Coronakrise haben? Werden dieses Mal Lösungen gesucht, die Ungleichheiten nicht weiter verschärfen?

EU vor Rezession von "historischem Ausmaß"

Kommentar zur Tagesschau 06.05.2020: EU vor Rezession von "historischem Ausmaß"

Die Tagesschau berichete, dass die Wirtschaft im Euroraum bis zu 7,7 Prozent schrumpfen könnte und sich bis zum nächsten Jahr nicht erholen wird. Auch beim BIP soll es nach Frührjahrsprognosen wohl bis zu 7,5 % in der EU bergab gehen. 

Als kritischer Punkt wird die ungleiche Verteilung der Verluste gesehen. Die Pandemie trifft die Staaten verschieden hart, sodass sie eine Bedrohung für den Binnenmarkt der Eurozone darstellt. 

Des Weiteren wird im Bericht der Tagesschau auf die Arbeitslosenquote eingegangen. Von 7,5% im Jahr 2019 wird sie dieses Jahr auf bis zu 9,6% steigen. Dabei sind vor allem Berufseinsteiger und junge Leute betroffen. 

Durch die finanzielle Krisenbewältigung werden die Schuldenstände auf neue Höhen getrieben. Für die Unterstützung in der Pandemie geben die Mitgliedsstaaten Milliarden von Euros aus. 2019 lag der berechnete Wert für das Staatsdefizit aller Mitgliedsstaaten bei 0,6 Prozent des BIP, dieser wird 2020 bis zu 8,5 Prozent in die Höhe steigen. 

Am Ende des Berichtes wird noch ein Vergleich zu den deutschen Zahlen gezogen. Außerdem geht man bei der Erstellung der Prognosen davon aus, dass die Corona-Beschränkungen ab Mitte Mai wieder gelockert werden. Bei Verlängerung ist mit einem schwerwiegenderen Einbruch zu rechnen. 

Der Link zum Bericht: https://www.tagesschau.de/wirtschaft/corona-eurozone-rezession-101.html

Mittwoch, 6. Mai 2020

Fluggesellschaften und Passagierrechte in der EU während der Pandemie

Dass sich die Corona-Pandemie auch im Tourismussektor und der Flugbranche in der EU bemerkbar macht, zeigt sich an der Zahl der stornierten Flüge. Nicht zuletzt durch neue Einreisebestimmungen und Grenzschließungen auch innerhalb der EU-Binnengrenzen ist eine Flugreise ins Ausland nur noch unter bestimmten Bedingungen möglich. Dementsprechend viele Urlaube und Reisen müssen storniert oder verschoben werden. Doch wie wirkt sich das auf die Airlines und auch die Passagiere, die von Reiseabsagen betroffen sind, aus?

Die fallenden Buchungszahlen und Flugabsagen bedingt durch die Corona-Pandemie zeigen schon ihre erste Wirkung. So haben die Tochterfirma von Lufthansa, Germanwings, und auch das britische Flugunternehmen Flybe ihren Flugbetrieb bereits einstellen müssen und haben Insolvenz angemeldet. Die EU-Fluggastrechte besagen, dass bei stornierten Flügen jedem Passagier eine Rückerstattung der Kosten zusteht. Jedoch würde dies Fluggesellschaften Milliarden kosten und selbst wirtschaftlich starke Unternehmen würden dies finanziell nicht verkraften können.

Ein Lösungsansatz, der vor allem die Fluggesellschaften vor dem Ruin schützen soll, wird nun auch in der Bundesregierung besprochen. Ein möglicher Lösungsansatz, welcher jedoch vor allem den Reiseveranstaltern und Fluggesellscchaften zu Gute kommt, war zunächst der, statt einer Rückerstattung der Kosten Gutscheine zu erhalten, welche eine Reise zu einem späteren Zeitpunkt möglich machen sollen. Die Bundesregierung möchte dies nun für jeden Verbraucher verpflichtend machen.

Dies verstößt jedoch gegen geltende EU-Fluggastrechte. Denn laut diesen steht jedem Fluggast eine Rückerstattung der Reisekosten zu. Die EU-Justizkommision in Brüssel lehnt diesen Vorschlag ab und hält daran fest, dass auch in Zeiten von Corona die Rechte gelten und Verbraucher nicht zur Annahme eines solchen Gutscheins gezwungen werden können. Wie diese Regelungen genau aussehen und welche Lösungsansätze andere EU-Staaten verfolgen, thematisieren folgende Artikel:

"Die Ablehnung von Corona-Bonds schadet Deutschlands Interessen"

Kommentar zu Robert Habeck: Die Ablehnung von Corona-Bonds schadet Deutschlands Interessen (Spiegel, 06.04.2020)
„Nur wenn Europa als Gemeinschaftsidee funktioniert, werden wir die Gesundheitskrise, die Wirtschaftskrisen und die anderen Krisen meistern können.“
In scharfen Worten kritisiert der Gastautor und Bundesvorsitzende der Grünen, Robert Habeck, die Ablehnung gemeinsamer Anleihen als „Selbstzweck“. Eine Ablehnungshaltung, die nicht nur dem eigentlich anvisierten Ziel einer Stabilisierung des Euroraums entgegenläuft, sondern auch die Idee einer Europäischen Gemeinschaft untergräbt.

Das gelte speziell für Deutschland, das nach dem Zweiten Weltkrieg intensiv von den Hilfen der USA und anderer Nachbarstaaten profitiert habe. Demnach stelle sich nicht die Frage nach der Solidarität als solcher, sondern lediglich danach, wie sich diese zeigen könne.

Eigentlich könnte der Text hier schon zu Ende sein. Eigentlich könnte das moralische Argument bereits ausreichen, um eine Haltung der europäischen Solidarität zu begründen. Ganz gemäß dem Motto der Europäischen Union, das weder „In Krisen ist sich jede Nation selbst die Nächste“ noch „Im Zweifel scheitert die Solidarität am Geld“ lautet, sondern: „In Vielfalt geeint“.

Doch offensichtlich scheint ein moralischer Idealismus argumentatorisch nicht auszureichen. Sonst würde Habeck, der als Bundesvorsitzender der Grünen nicht unbedingt als besonders wirtschaftsnah gilt, wohl kaum zusätzlich auf eine Reihe volkswirtschaftlicher Argumente verweisen, beispielsweise, dass Deutschland mit Staaten wie Spanien und Italien volkswirtschaftlich so eng vernetzt ist, dass eine dortige Rezession sich unweigerlich auch auf die deutsche Wirtschaft auswirken würde. Oder, dass der derzeitige währungspolitische Kurs der Europäischen Union nicht nur die Finanzmärkte destabilisiert, sondern auch die Chance verspielt, den Euro als relevante globale Reservewährung zu etablieren.

Es erscheint auffällig, wie selbst idealistische Parteien wie die Grünen, zu der auch der „Realo“ Habeck zu zählen ist, die Ökonomisierung der „Europäischen Gemeinschaft“ verinnerlicht haben. Unserer Meinung nach hätte es keines zumal national-bezogenen Arguments bedurft, um eine Haltung der europäischen Solidarität zu begründen: Diese begründet sich ganz selbstverständlich aus der Gründungsidee der Europäischen Union als Friedensprojekt. 

Von: Celine Gawlitza, Luca Mästling, Berda Mak, Paul Ebner und Leonie Pflüger

Bisherige Maßnahmen der EU im Kampf gegen COVID-19

Die Europäische Union arbeitet an verschiedenen Maßnahmen, um zum einen das Virus und dessen Verbreitung einzudämmen und zum anderen die wirtschaftlichen, sozialen und politischen Folgen abzumildern, wie man auf der Website des Rates nachlesen kann.

Am 23. April 2020 wurde ein Maßnahmenpaket mit 540 Milliarden € verabschiedet, welches an Arbeitnehmer, Unternehmen und Mitgliedsstaaten gerichtet ist. Zudem wird ein Erholungsfonds eingerichtet, welcher von der EU-Kommission auf den Weg gebracht wird. Die Kommission hat des Weiteren ihren Haushalt um 3,1 Milliarden € aufgestockt, um den Kauf von medizinischen Geräten voranzutreiben, Krankenhäuser und Testzentren zu unterstützen oder die Rückholung von EU-Bürgerin zu finanzieren. Weitere 37 Milliarden € werden für eine Investitionsinitiative zu Verfügung gestellt, 28 Milliarden Euro an Strukturfondsmitteln und bis zu 800 Millionen € aus dem Solidaritätsfonds gehen an besonders betroffene Länder.

Insgesamt gewährt die EU zudem maximale Flexibilität bei der Anwendung der EU-Vorschriften, um die bürokratischen Hürden für Staaten und Unternehmen möglichst gering zu halten.

Eine Geberkonferenz findet am 4. Mai statt. Das Ziel ist es, eine Anschubfinanzierung von 7,5 Milliarden € zu ermöglichen, welche eine weltweite Forschungszusammenarbeit finanzieren soll. Zudem wurden bereits 380 Millionen € auf den Weg gebracht, die der Forschung hinsichtlich von Therapien und Impfstoffen zu Gute kommen soll. Damit werden unter anderem Behandlungs- und Diagnoseverfahren begünstigt, KMU (Kleine und mittlere Unternehmen) und Start-ups mit innovativen Lösungen unterstützt sowie der hochinnovative europäische Impfstoffentwickler CureVac.

Die EU ist zudem in Prozesse zur Beschaffung von Schutzausrüstung eingebunden. Das Katastrophenschutzverfahren sieht außerdem vor, stark betroffene Länder durch medizinisches Personal zu unterstützen. Das Zentrum für die Koordination von Notfallmaßnahmen zur ständigen Abstimmung wurde ebenso aktiviert, wie das Europäische Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC).

https://www.consilium.europa.eu/de/policies/covid-19-coronavirus-outbreak-and-the-eu-s-response/

Kommentar zu "Die Bewährungsprobe" von Daniela Schwarzer

Daniela Schwarzer: Die Bewährungsprobe (Internationale Politik 3, Mai/Juni 2020, S. 26-29)

Wie Schwarzer in ihrem Text darlegt, hat die Corona-Krise die Schwächen der EU auf verschiedenen Ebenen offengelegt, so auch auf dem internationalen Parkett. Einerseits war da die anfangs mangelnde Solidarität zwischen den EU-Mitgliedstaaten, welche glücklicherweise schnell korrigiert werden konnte.

Diese, mittlerweile nur scheinbar, fehlende Solidarität wurde zusätzlich versucht zu torpedieren. Russland, welches jetzt selbst schwer von der Krise getroffen wurde, schickte Masken und andere Hilfsgüter nach Italien, um sich selbst als großen Retter zu inszenieren. (https://www.tagesschau.de/investigativ/russland-italien-corona-101.html)

Gleichzeitig agiert ein eigentlich traditionell Verbündeter der EU, die USA, wie der Elefant im Porzellanladen. Trumps unbeholfene Maßnahmen gepaart mit dem alten Schlachtruf "America first" sorgen dafür, dass die EU die USA nicht mehr als verlässlichen Partner definieren kann. Hier ist es an der EU selbst, eine starke Außenpolitik zu formieren und sich so unabhängiger und resistenter zu machen. Resistenter gegen äußere Einflüsse aus China und Russland und unabhängiger von den USA auf verschiedenen Ebenen, wie zum Beispiel der Verteidigungspolitik.

Eine weitere Schwäche, die Schwarzer anspricht, ist die Verwundbarkeit der EU, durch - wie sie es nennt - „hybride Bedrohungen“. Durch die wirtschaftlichen und sozialen Folgen der jetzigen Krise wird diesen Vorschub geleistet. Es wird entscheidend werden, wie geschlossen, mutig und energisch die EU diesen „hybriden Bedrohungen“ entgegentritt.

Massenarbeitslosigkeit kann den Populisten in die Karten spielen, und es könnten wieder Stimmen nach EU-Austritten laut werden. Chinesische Übernahmen krisengeschwächter europäischer (mittelständischer) Unternehmen erzeugen Abhängigkeiten, die einen hohen Preis zur Folgen haben können.

Eine weitere Eurokrise, neu entfachte Migrationsbewegungen, noch mehr Auseinanderdriften zwischen Nord und Süd? Angesichts dieser potenziellen Bedrohungen ist durchaus die Meinung Kanzlerin Merkels zu teilen, die EU stünde “vor der größten Bewährungsprobe seit ihrer Gründung”. Es wird Zeit, aus den Fehlern vergangener Tage zu lernen - je früher und entschlossener, desto besser!

Dazu gehört, wie Schwarzer es auch anspricht, die schon längst überfällige Einführung der Kopplung von Finanztransfers an die Einhaltung rechtsstaatlicher und demokratischer Prinzipien. Die Frage hat sich doch schon vor der Corona-Krise gestellt: Wie kann ein System, das auf den demokratischen Grundrechten basiert und als Folge des Zweiten Weltkrieges gegründet wurde, Regierungen finanziell unterstützen und in Entscheidungen einbeziehen, die ihre politische Macht fernab von diesen Prinzipien ausüben. Aufgrund der oben erwähnten „hybriden Bedrohungen“, die durch die Corona-Krise verstärkt werden, ist es umso wichtiger, eine klare Stellung einzunehmen und neue Instrumente zu finden, diese zu vertreten und durchzusetzen.

Eine weitere Folgemaßnahme, auf die Schwarzer ebenso wie viele andere Journalisten und Politiker im Moment eingehen, ist ein europäisches gesundheitliches Instrument. So hätte dem anfänglichen Isolationismus entgegengewirkt werden können. Grundlegend keine schlechte Idee. Ob und in welchem Ausmaß so etwas jedoch tatsächlich umgesetzt wird, hängt ausschlaggebend davon ab, wie gestärkt oder geschwächt die EU aus dieser Krise heraustreten wird. Weitere Gelder an die EU abzugeben, um diese Gesundheitsorganisation aufzubauen und in Stand zu halten, und weitere staatliche Kompetenzen abzugeben, braucht Vertrauen und Unterstützung der Bürger*innen.

Um auf diese auch nach der Krise noch bauen zu können, ist es nach Schwarzer nötig, dass Deutschland während seiner Zeit des EU-Ratsvorsitzes keine Mittler-, sondern eine Führungsrolle einnimmt und klare Wege aufzeigt. In den letzten Jahren wurden jedoch deutsche Vorstöße häufig kritisch beäugt. Es stellt sich die Frage, ob nicht in diesen schwierigen Zeiten ein gemeinschaftliches Vorgehen, so schwer dies aufgrund der Bedingungen auch sei, sinnvoller wäre, um die innere Gemeinschaft der Union nicht weiter zu erschüttern.

Florian Kiebel, Christian Gundling, Dennis Schlesinger, Oliver Buntrock, Vanessa Rüther

Europäische Solidarität in der Corona-Krise

Der Coronavirus ist in Europa ein großes Problem. Gemeinsam ist die EU mit ihren Mitgliedsstaaten entschlossen, die Pandemie zu bekämpfen. Die wechselseitige Unterstützung erfolgt nicht nur finanziell, es werden auch medizinische Ausrüstungen wie Schutzmasken und Beatmungsgeräte verteilt. Zusätzlich zum Bericht des Europäischen Parlaments finden sich auf der Offiziellen Website der EU Informationen dazu, welche Beiträge geleistet wurden, um das Virus einzudämmen.

Corona-Krise als Bewährungsprobe für die EU

Kommentar zu "Die Bewährungsprobe" von Daniela Schwarzer

Deutschland wird im Juli 2020 die EU-Ratspräsidentschaft übernehmen. Vielleicht gerade zum richtigen Zeitpunkt, wenn man sich die aktuelle Situation auf der Welt ansieht. So schreibt auch Schwarzer, dass Deutschland „in seine Führungs- und Vermittlerrolle zurückfinden“ muss, „wenn es [...] die EU zusammenhalten will“. Deutschland ist zudem auch immer noch der finanzstärkste Staat in Europa und muss nun wieder zwischen den einzelnen Staaten vermitteln. Denn es ist nicht im Sinne Deutschlands, dass die EU in einer Krise auseinanderbricht.

Eine weitere Schwäche, die Schwarzer anspricht, waren der sofortigen, nationalen Alleingänge einzelner Staaten zur Eindämmung von COVID-19. So Frankreich beschlagnahmte Schutzmasken und Deutschland stoppte die Ausfuhr von Schutzausrüstungen. Des Weiteren wurde von heute auf morgen der Binnenmarkt innerhalb der EU durch Grenzschließungen behindert. Dass dies zum Teil gegen geltendes Recht verstieß, war in diesem Zusammenhang den meisten Staaten egal.

Es wurde in dieser Krise/Ausnahmesituation wieder einmal deutlich, dass die EU so lange funktioniert, wie es allen gut geht. Sobald aber Bedrohungen spürbar sind, pochen die Staaten wieder auf die Durchsetzung ihrer eigenen Interessen, anstatt gemeinsam eine Lösung zu finden.

Staaten wie Spanien und Italien, die jahrelang von der EU zu Sparmaßnahmen gezwungen wurden, konnten die Pandemie nicht mehr in den Griff bekommen. Die EU wusste jedoch am Anfang der Pandemie nicht genau, wie sie damit umgehen solle. Aus diesem Grund erhielt Italien dann Hilfe von China, dass das Land mit Schutzausrüstung versorgte.

Hat in diesem Moment nicht die Solidarität innerhalb der EU versagt? Wenn ein Land wie Italien Hilfe von der EU anfordert, diese dem Hilferuf aber nicht bzw. zu spät nachkommt und das Land dann von Drittstaaten unterstützt wird, dann ist dies in meinen Augen ein Versagen von Seiten der EU. So sieht es zumindest auch Daniela Schwarzer und spricht von fehlenden „Solidaritätsbekundungen“, bzw. von „tiefen politischen Enttäuschungen“. Sie erinnert an die Zeiten der Eurokrise, als dies ebenfalls ausblieb. Doch Schwarzer tadelt nicht nur, sie lobt auch. Denn sie schreibt weiter, dass die EU nun endlich auch „Fähigkeit zur Selbstkorrektur“ bewies und so „wurde das Krisenmanagement im Europäischen Rat zur Chefsache“ gemacht. Dies ist für mich ebenso ein starkes Zeichen an all die Kritiker, welche auch gerade wieder inaktuellen Situation davon sprechen, dass nur der Nationalstaat solche Probleme lösen könne.

Und so zählt Schwarzer weitere positive Beispiele auf, in denen die EU wieder Vertrauen zurückgewinnen konnte. Zum Beispiel Koordinierungstreffen seitens der EU-Kommission zur Rückholung gestrandeter EU-Bürger aus Drittstaaten. Patienten wurden innerhalb der Staaten in der EU verlegt, sodass diese besser versorgt werden können, und europäische Unternehmen stellten Schutzausrüstung her. Hier zeigt sich das schöne Gesicht der EU, und lässt nicht nur Kritiker verstummen, sondern hoffentlich kann hier weiterhin Boden gut gemacht werde im „Kampf“ gegen Populismus und zu viel nationalistischem Gedankengut.

Auch wenn die EU in die voraussichtlich größte Wirtschaftskrise gehen wird, sollte man sich überlegen, ob man nicht eher gemeinsam einen Weg aus dieser findet, als die Staaten sich allein zu überlassen. Auch wenn nun Hilfspakete in Milliardenhöhe versprochen wurden, bleibt die Frage, ob diese Krise die Kluft zwischen den einzelnen Ländern nicht noch tiefer macht. Schwarzer hebt hier abermals die Rolle Deutschlands hervor und betont, dass der „Abschluss“ für die Verhandlungen des EU-Finanzrahmens „unter deutschen EU-Ratspräsidentschaft“ erfolgen sollte. Die Wichtigkeit dieser Rolle kann meiner Meinung nicht oft genug betont werden.

Eine weitere Gefahr, die von der Wirtschaftskrise ausgehen wird, ist die Zustimmung der Wähler für Populisten. Die Wirtschaftskrise 2008 hatte verschiedene Populisten mit einem europafeindlichen Kurs in die Parlamente der Länder gebracht. Regierungen könnten ihren Rückhalt in der Gesellschaft verlieren und somit durch Populisten ersetzt werden. Diese Entwicklung sehe ich mit größter Besorgnis, denn bereits jetzt, wie auch Schwarzer schreibt, „stehen einige Länder unter Beobachtung“ aufgrund ihres Abbaus der Rechtsstaatlichkeit.

Einen für mich sehr interessanten Aspekt liefert Schwarzer zum Schluss, in dem sie vom gerade jetzt wachsenden Einfluss Chinas spricht. Sie schlussfolgert aus der „womöglich rascheren Erholung der chinesischen Volkswirtschaft“, dass dies Europa zum Einfallstor für Investoren macht. Hier kann ich nur hoffen, dass die EU auch diese Sorge auf dem Schirm hat und dementsprechend Pekings Aktivitäten auf dem europäischen Binnenmarkt sehr genau beobachtet.

Deutschland sollte daher die kommende EU-Ratspräsidentschaft als Chance sehen und nutzen, für internationale Kooperation plädieren und klar deutlich machen, dass ein erfolgreiches Krisenmanagement nur durch die Zusammenarbeit aller Mitgliedsländer unter einem Dach möglich ist. Schwarzer fügt indes noch weise hinzu, „das wird nicht ohne Konflikte im Inneren und in den Außenbeziehungen möglich sein“.

In der Krise muss entschlossen und gemeinsam gehandelt werden, sonst könnte es sein, dass Europa an dieser Krise zerbricht und zur „Kolonie“ Chinas wird.

Daniel Christen, Melisa Duran, Magdalena Durchdewald, Sebastian Koschmieder, Gurmeet Kaur, Marcel Moser, Tobias Warth und Lukas Richter

Die Corona-Krise als Legitimation für mehr Zentralisierung in der EU?

Oft wird in der Corona-Krise mehr europäische Solidarität gefordert und auch innerhalb Deutschlands wird der föderale Ansatz oftmals kritisiert. Trotzdem wird dieser Ansatz vor allem von Anhängern des klassischen Liberalismus, wie beispielsweise dem Vertreter der FDP im Finanzausschuss und Mitglied des Bundestages, Frank Schäffler, als besonders sinnvoll betrachtet.

Dies sehen die klassisch Liberalen darin begründet, dass durch die Verschiedenheit der Situationen in den einzelnen Regionen Europas ein einheitlicher Ansatz zu unterschiedlich effektiven Ergebnissen führen kann. Was sich für eine Region als sinnvoll erweist, kann in einer anderen zu einer Verschlechterung der Situation führen.

Durch die Verschiedenheit der Lösungsansätze kann auch deren Effektivität besser bewertet werden und Maßnahmen, welche sich tendenziell als effektiv herausgestellt haben, können von anderen Regionen in angepasster Form für die eigene Politik kopiert werden. Das Marktprinzip hilft somit bei der Lösung der Krise.

Auch wird auf die Gefahr einer möglichen Machtzentralisierung innerhalb Europas durch Erweiterung der Kompetenzen der EU in der Corona-Krise hingewiesen. So beschreibt Frank Schäffler in einem Artikel, wie es bereits in der Vergangenheit dazu kam, dass Instrumente, die zur vorübergehenden Krisenbewältigung ins Leben gerufen wurden, in dauerhafte Maßnahmen umfunktioniert wurden. Als Beispiel dafür nennt er den Rettungsschirm EFSF.

Auch betont er im Artikel die unterschiedlichen Kurzarbeiterregelungen innerhalb der EU und die daraus entstehenden Probleme, die beim Versuch einer einheitlichen Lösung entstehen würden. Zum Schluss betont er nochmals die Wichtigkeit der Vielfalt Europas und plädiert dazu, diese nicht durch Zentralisierung zu zerstören. Der ganze Artikel ist hier nachlesbar: https://www.frankschaeffler.de/auf-dem-weg-zur-eu-arbeitslosenversicherung/

Konjunkturprognosen der EU-Kommission

Auch in Zukunft sollte die Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts, der Inflation aber auch der Arbeitslosigkeit in der Eurozone im Auge behalten werden, damit dementsprechend gemeinsam auf EU-Ebene agiert und reagiert werden kann. Die getroffenen Maßnahmen auf EU-Ebene müssen sich in welcher Form auch immer beweisen. Hierzu bedient man sich oftmals Kennzahlen, die regelmäßig erhoben werden. Diese wiederum lassen sich historisch miteinander vergleichen.

Die bisherigen Vorhersagen aufgrund des wochenlangen Stillstehens von Fabriken, dem eingeschränkten Welthandel sowie dem Schließen von Einkaufsläden lassen nichts Gutes speziell im Hinblick auf die Wirtschaft erwarten. Nach Angaben von Eurostat (EU-Statistikbehörde) ist die Wirtschaftsleistung im ersten Quartal 2020 um 3,8 Prozent gefallen. Einen solch starken Rückgang konnte seit den Erhebungen 1995 nicht festgestellt werden (https://ec.europa.eu/eurostat/de/home, wirtschaftliche Trends).

Der Corona-Crash: Die zweite Eurokrise?

In dem Artikel in der Mai-Ausgabe der Blätter für deutsche und internationale Politik plädiert Steffen Vogel für gemeinsame Euro-Bonds, also eine solidarische Umschuldung zugunsten der hart gebeutelten europäischen Staaten wie z.B. Italien, um einer neuen Eurokrise vorzubeugen. Während er anfangs Ursula von der Leyens Worte vom März 2020 lobt, in welchen sie auf die Dringlichkeit, nun “ein großes Herz zu zeigen – und nicht 27 kleine”, verwies, skizziert Vogel daran anknüpfend ein eher beschämendes Bild der Euro-Staaten. Von gelebter Solidarität keine Spur, ausgerechnet China springt den Italienern bei und liefert entsprechendes Schutzmaterial.

Steffen Vogel zeigt in dem Artikel an mehreren Stellen auf, wie wichtig nun gemeinsame Corona-Bonds wären, gerade vor dem Hintergrund der zurückliegenden Euro-Krise und der Austeritätspolitik in der Vergangenheit. Die damaligen politischen Entscheidungen hätten einen Keil zwischen die Euroländer getrieben, was sich auch jetzt an den unterschiedlichen Reaktionen auf die Coronakrise ablesen lasse.

Ein weiterer Punkt, auf den Vogel hinweist, ist das Versäumnis der Eurozone, seit 2015 keine Institutionen geschaffen zu haben, die eine gemeinsame Wirtschafts- und Finanzpolitik hätten betreiben können. Dies könne Sicherheit und Geschlossenheit signalisieren und sich entsprechend auf die Märkte auswirken. Abschließend appelliert Vogel: “In diesen harten Zeiten helfen Europa keine technokratischen Kompromisse und keine blumigen Appelle – sondern nur spürbare Solidarität.”
https://www.blaetter.de/ausgabe/2020/mai/der-corona-crash-die-zweite-eurokrise

Globale Geberkonferenz für einen Coronaimpfstoff

Während die USA ihr eigenes Programm mit dem Namen „Operation Warp Speed“ zur Entwicklung eines Impfstoffes gegen Covid-19 verfolgt, ist es einer Allianz aus verschiedenen Ländern und Organisationen in einer ersten Geberkonferenz gelungen, 7,4 Milliarden Euro für die Entwicklung von Impfstoffen und Medikamenten gegen das Coronavirus zu sammeln.

Zu den größten Geldgebern zählen neben der EU-Kommission (1 Milliarde Euro) Kanada (780 Millionen Euro), Deutschland (525 Millionen Euro), Frankreich (500 Millionen Euro) und Großbritannien (442 Millionen Euro). Auch Stiftungen, beispielsweise von Bill und Melinda Gates (100 Millionen Euro), beteiligten sich an der Finanzierung.

Ziel der Aktion sei es, die Forschung zu bündeln und gemeinsam von dem schnellen Erfolg zu profitieren. „Jeder-für-sich wäre ein großer Fehler“, so Emmanuel Macron, der einen Impfstoff als weltweites Allgemeingut sieht. Hiervon würden auch ärmere Länder profitieren, die sich eine eigene Forschung kaum leisten könnten.

Mit den 7,4 Milliarden Euro (8,07 Milliarden Dollar) konnte das erste Zwischenziel von 8 Milliarden Dollar erreicht werden, die UNO geht aber davon aus, dass insgesamt die fünffache Summe benötigt wird. Es bleibt abzuwarten, ob nationale oder internationale Lösungen die bessere Strategie für globale Probleme sind.

https://www.tagesschau.de/ausland/corona-eu-spendensammeln-103.html

Corona hat Europa im Griff - Europa handelt

Die Corona-Pandemie ist eine neue, weitestgehend unbekannte Herausforderung für Europa. Doch Europa steht der Krise nicht onmächtig gegenüber. Europa tritt der Krise auf vielen Ebenen entgegen:
  • Gesundheitsmaßnahmen: Hierzu gehören u.A. Abstandsregelungen und Maskenpflicht
  • Grenzmaßnahmen: Einreisebeschränkungen als Viruseindämmung
  • Wirtschaftsmaßnahmen: Umfangreiche Wirtschaftshilfen für Betroffene
  • Forschungsmaßnahmen: Die Erforschung des Virus hat oberste Priorität
  • Bekämpfung von Desinformation und Fake News: Viele falsche Informationen kursieren v.a. im Internet. Europaweite Aufklärungskampagnen sollen helfen
Etwas ausführlichere Informationen finden sie hier: https://www.cdu.de/corona/eu-handelt

Nach Krise nicht einfach "Reset"-Button drücken

Claudia Kemfert/Dorothea Schäfer/Willi Semmle: Die Corona-Krise darf nicht mit der Befeuerung der Klimakrise bezahlt werden (DIW, 05.05.2020)

In dem Artikel auf der Internetseite des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) gehen die Autoren auf die mögliche Verknüpfung der staatlichen Konjunkturhilfen mit der Einhaltung der Klimaziele ein. Dabei äußern sie vier Forderungen an die europäischen Finanzhilfen im Zuge der Corona-Krise.

Zunächst sollten sie vor allem Investitionen zum Umbau der Energieversorgung hin zu erneuerbaren Energien und Energieeinsparungen fördern. Fördermittel sollten zum Beispiel an die Nutzung bzw. den Umstieg auf klimaschonende Energiequellen und Technologien gekoppelt werden. Außerdem wird die Forderung gestellt, dass nach der Pandemie der Verkehr dauerhaft vermieden, verlagert und verbessert werden sollte.

Die Abwrackprämie sehen sie aus den Erfahrungen von 2009 als sozial ungerecht und klimapolitisch nicht sinnvoll an. Dagegen sollten staatliche Hilfsgelder in Schienenverkehr und öffentlichen Personennahverkehr investiert werden. Nicht nur der Verkehr, sondern alle Wirtschaftsbereiche müssten der Ressourcenschonung und dem Klimaschutz Priorität einräumen und dies beim Einsatz der staatlichen Hilfen berücksichtigen.

Als letzte Forderung stellen die Autoren die Unterstützung der „kriselnden“ Eurostaaten auf. Ihrer Meinung nach ist eine gemeinsame Anleihefinanzierung der richtige Weg. Als einen Grund führen sie auf, dass eine Gemeinschaftsanleihe direkt von der EZB aufgekauft und Teile des Bonds ausdrücklich als gemeinsame „Greenbonds“ ausgegeben werden können und somit klimaschonende Investitionen fördern können.

Insgesamt sind die Autoren der Meinung, dass nach kurzfristigen europäischen Rettungsprogrammen ein langfristiges Aufbau- und Transformationsprogramm zu einem europäischen grünen Wirtschaftssystem gestaltet werden sollte.

Interview mit Gregor Gysi

taz-Interview mit Gregor Gysi

Im verlinkten Interview wurde der Bundestagsabgeordnete Gregor Gysi (Die Linke) von der taz interviewt. Neben einem kurzen Exkurs in Gysis Privatleben stehen v.a. zwei Punkte im Vordergrund: Die Lage in den Flüchtlingslagern auf den griechischen Inseln und die potentiellen Lerneffekte aus der Krise.

Zur verheerenden Lage in den Flüchtlingslagern, hier besonders hervorzuheben ist das Lager Moria auf Lesbos, setzt sich Gysi für eine Evakuierung ein. Er leitet diesen Punkt auch weiter und erklärt, dass seit dem Ende des Kalten Kriegs der Neoliberalismus auf dem Vormarsch war. Da Gysi diesen Vorgang immer wieder kritisierte, sieht er auch in der Coronakrise eine Chance, nämlich dass Werte wie Solidarität in Zukunft vor Profitgier gestellt werden.

Link zum Interview

Corona-Krise: Wie hängen Pandemie, Umweltzerstörung und Klimawandel zusammen?

Ein Interview mit dem Tropenmediziner Jonas Schmidt-Chanasit

Die Corona-Krise zieht immer weitere Kreise und auch um das globale Thema der Klimakrise kommt man dabei nicht herum. Auch wenn das Virus seinen Ursprung in China hatte, sehen wir aktuell deutlich, dass sich weltweite Pandemien unmittelbar auf die EU auswirken. Dem entgegenzuwirken, muss zukünftig eines der priorisierten Ziele im Bereich der nachhaltigen Entwicklung darstellen. Der Tropenmediziner Jonas Schmidt-Chanasit nennt im Interview mit der Bundeszentrale für politische Bildung einige wichtige Erkenntnisse zur Entstehung und Verbreitung des Virus, aus denen nun die richtigen Konsequenzen gezogen werden müssen.

Wie schon beim Sars-Ausbruch 2002/2003 ist der Ursprung dieses Coronavirus höchstwahrscheinlich auf Wildtiere zurückzuführen. Der Mensch dringt in seinem Wahn nach der Erschließung weiterer natürlicher Ressourcen immer stärker in bisher geschlossene Ökosysteme ein und kommt so immer wieder mit für uns neuartigen Viren in Kontakt.

Ein weiterer Faktor für die rasche Verbreitung des Virus ist der globale Temperaturanstieg, durch den Viren in Regionen der Welt vorstoßen können, die ihre Hauptübertragungsquelle Stechmücken zuvor aufgrund kälterer Temperaturen gemieden haben.

Da wir uns auch zukünftig mit drohenden Pandemien werden beschäftigen müssen, sieht Schmidt-Chanasit die Notwendigkeit, gemeinsame Strategien zur Früherkennung und Gesundheitsversorgung zu entwickeln.

Den Link zum Interview vom 29.04.2020 findet ihr hier.

Dienstag, 5. Mai 2020

Kommentar zu "Coronavirus in Afrika''

Europäisches Parlament: Coronavirus in Afrika: Verheerende Auswirkungen möglich (23.04.2020)

,,Diese Pandemie kennt keine Grenzen’’, darum ist es umso wichtiger, dass alle sich gegenseitig unterstützen, um so viele Menschenleben wie nur möglich zu retten. Im Zuge dessen wurde von der EU am 8. April das "Team-Europe"-Paket von mehr als 20 Milliarden Euro vorgestellt. Hauptsächlich wird damit eine Verbesserung der Situation in den meistgefährdeten Ländern angestrebt.

Darunter fallen vor allem afrikanische aber auch einige der EU-Nachbarländer. In diesen Ländern gibt es nicht nur eine Vielzahl an Bedürftigen, sondern auch die Gesundheitssysteme haben dort keine gut ausgebildete Infrastruktur.

Die Bemühungen der Kommission um eine globale Reaktion werden vom Parlament unterstützt. Zudem haben sich die Abgeordneten den Forderungen des Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Weltbank angeschlossen, welche das Aussetzen der Zahlung von Schulden durch die Entwicklungsländer der Welt beinhaltet.

Für Tomas Tobé (EVP, Schweden) ist das "Team-Europe"-Paket nicht nur eine Frage der Solidarität, aus seiner Sicht handelt Europa hier auch im eigenen Interesse, da es nur durch dieses Geldpaket möglich ist, eine sehr wahrscheinliche zweite oder sogar dritte Welle der Corona-Pandemie zu verhindern. Zudem ist es ihm wichtig darauf hinzuweisen, dass die bisherige Geber-Empfänger-Mentalität beigelegt werden soll. Afrika soll in Zukunft als Partner gesehen werden.

Mehr darüber gibt es im Artikel "Coronavirus in Afrika: Verheerende Auswirkungen möglich'' des Europäischen Parlaments. Dort findet ihr auch ein Video und einen Link zum kompletten Interview mit Tomas Tobé.

Gruppe: Jana, Leon, Miriam, Michael, Selin, Laura

Kommentar zu "Finanzhilfen allein helfen nicht"

Kommentar zu Theo Sommer: Finanzhilfen allein reichen nicht (Zeit, 28.04.2020)

Theo Sommer greift in seinem Text weitgehende Fragen zur Corona Krise auf. So zitiert er Peter Graf Kielmansegg, der einen Paradigmenwechsel fordert.
„Schluss mit dem Ausbau der europäischen Integration durch endlose Erzeugung von immer neuem EU-Recht; stattdessen die Bewältigung konkreter Aufgaben - dem Migrationsdruck widerstehen, Umwelt und Klima retten und gemeinsame Katastrophenvorsorge betreiben.“
Weiter betont er den Missmut von Emmanuel Macron, der mehr Solidarität von den reichen Staaten fordert, damit aber vor allem Finanzhilfen und Gemeinschaftshaftung meint. „Die Stunde der Wahrheit“ sei da und würde zeigen, ob Europa nur ein Marktprojekt sei.

Wenn man der Argumentation von Sommer folgt, steht es schlecht um die EU. Er zeichnet ein Bild, in dem die Säulen des Zusammenhalts bröckeln. Der Grund dafür sei Geld. Zwar fordert er ebenso eine gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik und eine Steuer- und Sozialpolitik, erklärt aber dann, dass dies unrealistisch bleibe, solange die Minderheit in der EU die Mehrheit durch die Einstimmigkeitsregel blockieren könne.

Rigoros fordert er auch Ausschlüsse aus der EU, um handlungsfähig zu sein. Die Staaten, die nur nehmen aber nicht geben, die sollen raus. Nun stellt sich die Frage, ob nicht gerade solche Parolen die Solidarität verringern? Jeder sieht nur seine eigenen Probleme und will diese von der EU gelöst haben - möglichst aber ohne viel Entscheidungshoheit abzugeben.

Nun gibt Sommer zu, dass die Staaten noch nie gerne ihre staatlichen Hoheitsrechte an die EU abgegeben haben. Und jetzt, im Zuge der Corona-Krise, sollen sie es plötzlich einsehen? Und diejenigen, die dagegen sind, die wirft man raus? Ist das der europäische Gedanke? Ist die EU als Friedensnobelpreisträger aber nicht gerade eine Verbindung von verschiedenen Standpunkten und am Konsens interessiert und nicht an der Exklusion von Minderheiten?

Naxhije Bujupi, Arta Mahmutaj, Josefa Ulrich, Bettina Wieland-Herberholz

Corona-Bonds und europäische Solidarität

Erst vor kurzem gab der französische Präsident Emmanuel Macron ein Interview in der "Financial Times“ (Link). Hier warnte er die anderen EU-Staaten ausdrücklich davor, dass man ohne Corona-Bonds zusammenbrechen werde. Er sagte, „it is time to think the unthinkable“. Für die EU komme jetzt der "Moment der Wahrheit", fügte Macron hinzu, und er mahnt, dass ein Mangel an Solidarität während der Pandemie zu "populistischem Zorn" in Südeuropa führen könne.

Allein ein Blick nach Frankreich zeigt, wie Marine Le Pen Kapital aus der Krise schlägt. Seit Wochen herrscht Uneinigkeit und Streit, ob die EU gemeinsame Schulden aufnehmen solle oder nicht. Europa wird entweder die ökonomischen Folgen auffangen und gestärkt aus dieser Zeit gehen oder daran „zerbrechen“.

Bisher sind die Niederlande sowie Deutschland die größten Gegner der Corona-Bonds, sie bangen um eine Verschlechterung für ihre Schulden- und Zinspolitik. Neben den finanziellen Einbußen fürchten sie aber auch einen demokratischen Kontrollverlust, wenn sich jedes Land um die „gemeinsamen“ Schulden kümmern muss.
„Deshalb wird inzwischen auch vielfach von einem Corona- oder auch "Wachstums-Fonds" gesprochen: Eine finanzielle Einmalmaßnahme mit begrenzter Haftung und Zweckbindung - kein Freifahrtschein für Gemeinschaftsschulden.“ (Barbara Wesel, DW, Link)
Letzten Endes müsse sich Europa entscheiden. Will man ein starkes Signal nach innen und nach außen senden, wovon die gesamte Europäische Union profitieren könnte? Oder wie in der Finanzkrise erst darauf reagieren, wenn es gar nicht mehr anders geht. Zweifelsohne eine spannende und wegweisende Zeit für ganz Europa, Macrons Interview sowie der Artikel von Barbara Wesel unterstreichen dies noch einmal deutlich!

Corona und die Rettung/Aufnahme von Geflüchteten

Erik Marquardt: In der Flüchtlingsfrage ist Corona eine willkommene Ausrede (Welt, 28.04.2020)

Der Autor dieses Gastbeitrags, der Europaabgeordnete der Grünen Erik Marquardt, kritisiert das Verhalten der EU-Staaten in der Flüchtlingsfrage und wirft ihnen vor, die Seenotrettung nicht wegen des Coronavirus zu stoppen, sondern dieses als Ausrede zu missbrauchen. Seiner Meinung nach orientieren sich die Politiker eher an den “Menschenrechtsfeinden” und nicht an der stillen Mehrheit, die die Bedingungen an den EU-Außengrenzen ebenso ablehnen wie er.

Weiterhin geht er spezifisch auf Fälle ein, in denen sich Deutschland beim Thema Familiennachzug schlecht verhält. Weiter kritisiert er, die nur spärliche Hilfe Deutschlands für Geflüchtete in den Flüchtlingslagern auf den griechischen Inseln. Marquardt kritisiert, dass Staaten in dieser Zeit keine Solidarität mit den Geflüchteten zeigen und weiter auf eine nicht in Aussicht stehende europäische Lösung pochen.

EU und Coronavirus - Jeder gegen jeden

Peter Kapern: EU und Coronavirus - Jeder gegen jeden (Deutschlandfunk, 17.03.2020)

Aufgrund der Coronakrise entscheiden sich viele Staaten für nationale Alleingänge, anstatt gemeinsam eine Lösung zu finden. Man vertraut in der Krise mal wieder nicht den Institutionen der Europäischen Union und möchte die Angelegenheit als Nationalstaat selbst in die Hand nehmen.
Man sollte sich aber mehr gemeinsam darum bemühen, dass die Europäer mit so wenig Schaden wie möglich aus dieser Zeit hervorgehen.

Frankreich beschlagnahmt Atemschutzmasken, Deutschland verbietet den Export von medizinischer Schutzkleidung. Italien ist am Ende und wird nun nicht von der EU, sondern von China unterstützt. Wie sich dies in Zukunft auf die Zusammenarbeit in der EU auswirken wird, bleibt abzuwarten.

Die nächste Frage, die sich stellt, ist, wieso die Grenzen dicht gemacht wurden? Ein Virus wird sicherlich nicht an einer Landesgrenze einfach anhalten und sich dort nicht mehr weiter ausbreiten (ich weiß, das ist sehr sarkastisch von mir). Die Schließung der Grenzen hat aber den innerhalb Europas bestehenden Binnenmarkt stark beeinträchtigt.

Es bleibt abzuwarten, welche wirtschaftlichen Folgen das ganze noch für die EU, die Nationalstaaten und die Bürger haben wird. Vielleicht geht die Europäische Union dann an die nächste Krise anders heran und versucht diese nicht in nationalen Alleingängen zu lösen, sondern als Gemeinschaft.

Nationalgefühl in der Corona-Krise

Jan Roß (2020): Captain Tom geht voran. In Großbritannien und anderswo belebt die Corona-Krise das Nationalgefühl. Das muss keine schlechte Sache sein (Zeit Online, 22.04.2020).

Wenn in den vergangenen Jahren über Nationalgefühl oder den Nationalgedanken debattiert wurde, so wurden diese Debatten meist negativ geführt, war doch der Begriff der Nation von Rechtspopulisten vereinnahmt worden, die Ressentiments und Aggressivität schüren.

Jan Roß von der ZEIT reflektiert in diesem lesenswerten Artikel, dass der Kampf gegen Corona weitestgehend „in den Landesfarben“ geführt wird, was auch etwas Positives haben kann. So hat beispielsweise der 99-jährige ehemalige Weltkriegsoffizier „Captain Tom“ in den Tagen vor seinem hundertsten Geburtstag mit seinem Rollator hundert Runden im heimischen Garten gedreht und damit mehr als 27 Millionen Pfund an Spenden gesammelt, die er dem Nationalen Gesundheitsdienst (NHS) zur Verfügung gestellt hat. Warum tut er das? Weil die Briten seit jeher besonders stolz sind auf ihren derzeit arg gebeutelten NHS. Roß hat aber auch Antworten auf Fragen wie: „Warum geht Schweden einen Sonderweg?“

EU-Kommissar Varhelyi äußert sich zu den Corona-Millionen für den Westbalkan

Der Welt-Reporter Christoph B. Schlitz veröffentlichte am 03.04.2020 ein Interview mit dem Erweiterungskommissar der EU. Olivér Várhehlyi beschreibt in diesem Gespräch, warum es wichtig sei, den Westbalkan mit millionenschweren Hilfen zu unterstützen und warum die finanzielle Unterstützung aus China in Serbien zu begrüßen sei. Hier geht es zum Interview 

Zur Person Olivér Várhelyi: Várhelyi ist ein ungarischer Diplomat, welcher seit dem 1. Dezember letzten Jahres Kommissar für Erweiterung und Europäische Nachbarschaftspolitik ist. Er ist daher zuständig für die Planung von EU-Erweiterungen und pflegt den diplomatischen Kontakt zu den Beitrittskandidaten, wie zum Beispiel Serbien, Nordmazedonien oder die Türkei.

Der Inhalt: Christoph Schlitz fragt den Kommissar zunächst, wie die aktuelle Lage der Pandemie auf dem Westbalkan, also Serbien, Montenegro, Kosovo, Nordmazedonien, Bosnien-Herzegowina und in Albanien sei. Kroatien wird auf Grund seiner Zugehörigkeit zur Europäischen Union nicht erwähnt. Olivér Várhelyi erwidert, dass die Zahlen sich auf einem vergleichbaren Niveau wie innerhalb der EU befinden.

In den darauffolgenden Fragen geht es dann um die Rolle Chinas, da die chinesische Regierung noch vor der EU Hilfsgelder versprochen hat und besonders in Serbien nun von Seiten der Regierung ein eher pro-chinesischer statt pro-europäischer Kurs gefahren wird. Der Kommissar sagt den genannten Ländern eine Soforthilfe von etwa 400 Millionen Euro für den Kauf von medizinischer Ausrüstung zur Verbesserung des Gesundheitssystems der jeweiligen Staaten zu.

Auf die Frage, warum die EU die europäischen Nachbarn so stark unterstützen würde, antwortet dieser damit, dass es der Europäischen Union um die Solidarität gehe, besonders in schwierigen Zeiten. Jedoch betont er auch ganz klar, dass der Westbalkan zur EU gehöre. Auf die Frage, wie er den Einfluss Chinas und Russland im Westbalkan sehe, antwortet dieser gelassen, da es ihm nicht um einen Wettstreit gehe.
"Natürlich gibt es Drittstaaten, die versuchen, politische Entscheidungen auf dem Westbalkan zu beeinflussen. Aber wir Europäer wollen glaubwürdig sein. Wir haben einen umfassenden und systematischen Wirtschaftsentwicklungsplan für die Region. Wir sind nicht darauf beschränkt, mal hier eine Brücke und mal dort ein Kraftwerk oder eine Autobahn zu bauen."
Im weiteren Verlauf des Interviews spricht der Kommissar dann von den Beitrittskandidaten und wie und ob auch in Zeiten der Krise eine EU-Erweiterung thematisiert wird. Der Beginn der Beitrittsverhandlungen mit Nordmazedonien und Albanien sieht er nun als wichtigen Schritt trotz der Krise, da dieser ein Signal der Glaubwürdigkeit sendet. Auf die Frage, ob die Ukraine ein Beitrittskandidat werden kann, möchte er zu diesem Zeitpunkt keine Aussage machen, da diese in der aktuellen Situation mit Konflikten verbunden sei. Auch gegenüber der Türkei äußert sich Olivér Várhelyi eher zurückhaltend.

Fluggastrechte in der Corona-Krise

Kristin Becker: EU gegen Zwangsgutscheine (Tagesschau, 04.05.2020)

Aufgrund der Corona-Krise gab es eine Menge Ausfälle bei Flügen. Daher musste man auch über die Folgen bezüglich der Kosten der Passagiere debattieren. Die Debatte über einen Gutschein oder Rückerstattung hat nun zu einem Entschluss geführt, denn die EU garantiert die Rückerstattung der Kosten. EU-Verkehrskommissarin Adina Valean bestätigt die Geltung der europäischen Fluggastrechte auch in der Corona-Pandemie.

Die deutsche Bundesregierung ist jedoch von dem Beschluss nicht überzeugt und würde eher die Ausgabe von Gutscheinen statt Kostenrückerstattungen ermöglichen. Der Grund dafür ist, dass man das Risiko umgehen könnte, Verluste zu erzeugen. Eine Erstattung der Kosten ist wiederum sehr zeitaufwändig und schwieriger umzusetzen als ein Gutscheinantrag. Die Bundesregierung verfolgt weiterhin das Ziel, eine Option zu finden, die Fluggesellschaften zu unterstützen und eventuell die Gutscheinlösung doch durchsetzen zu können. Schließlich wäre die Mehrheit der Mitglieder der EU dafür.

Exit-Strategie aus Corona?

Erst vor kurzem hat die EU ein Konzept für eine europaweit funktionierende Corona-App vorgestellt. So will sie versuchen, die Pandemie einzudämmen - eine Idee, die wahrscheinlich zu spät kommt. Im Artikel "Die EU will auch noch mal kurz mitreden bei den Corona-Apps" von Lisa Hegemann auf Zeit Online geht um genau dieses sehr umstrittene Thema. Es wird gesagt, dass Technologie uns vor dem Coronavirus retten könnte - doch ist das wirklich so?

Die EU-Kommission stellte ein europäisches Konzept vor, wie man grenzüberschreitend per Handy nachvollziehen kann, wer mit wem Kontakt hatte und ob sich diese Person möglicherweise mit dem Virus infiziert hat. Theoretisch eine gute Idee, besonders wenn irgendwann die Kontaktbeschränkungen bzw. Ausgangssperren aufgehoben werden sollen. Aber wie soll diese App genau funktionieren? Mit Hilfe der App kann man herausfinden, wer sich in der Nähe einer infizierten Person aufgehalten hat und diese dann, bevor Symptome ausbrechen, in Quarantäne schicken, ohne dass sie weitere Personen ansteckt.

Das Prinzip basiert dabei auf 4 Prinzipien:
1) Die Nutzer sollten die App freiwillig herunterladen.
2) Die App sollte von der nationalen Gesundheitsbehörde empfohlen werden.
3) Sie sollte Sicherheit und Datenschutz gewährleisten.
4) Die App wird von den Behörden deaktiviert, sobald sie nicht mehr gebraucht wird.

Als Grundlage empfiehlt die EU den Einsatz von Bluetooth LowEnergy, da diese Technologie über kurze Distanz Signale von einem zum anderen Smartphone senden kann. Das Positive daran: Persönliche Daten werden nicht übertragen, die Nutzer müssen nur eine App herunterladen und Bluetooth aktivieren. Über die App werden zudem zufällig generierte Codes ausgetauscht, die sich ständig ändern, damit sie nicht auf eine bestimmte Person zurückverfolgt werden können.

In Deutschland würde diese Idee noch funktionieren, da man hier im Moment noch an einer solchen App arbeitet. Andere Länder wie zum Beispiel Zypern oder Tschechien haben jedoch schon lange eine eigene App entwickelt. Diese beiden Länder nutzen GPS zur Nachverfolgung, was deutlich in die Privatsphäre der Menschen eingreift, da sich Wege der Menschen nachvollziehen lassen.

Der Nachteil der App ist zudem, dass sie Menschen in Sicherheit wiegt, da man ja schon benachrichtigt werden wird, wenn man Kontakt zu einer infizierten Person hatte.

Der ''Wiederaufbau'' nach Corona: Ein Spagat zwischen Klimaschutz und Prosperität

Michael Bauchmüller / Marlene Weiß: Wie die Pandemie das Klima schützt - und bedroht (Süddeutsche Zeitung, 12.04.2020)

Weniger CO₂-Emissionen sind eine gute Nachricht für die Umwelt. Durch die Corona-Krise nehmen diese auch stetig ab, der britische Klima-Informationsdienst Carbon Brief schätzt den Rückgang sogar auf 1600 Millionen Tonnen CO₂, die Pandemie könnte also den stärksten Einbruch der globalen Emissionen seit dem Ersten Weltkrieg zur Folge haben.

Die Autoren stellen in ihrem Artikel fest, dass dies aber kein Grund zur Freude sei, denn wie Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) sagt, können wirtschaftliche Einbrüche vernünftige Klimaschutzstrategie nicht einfach ersetzen. Stattdessen müssen Möglichkeiten gefunden werden, die Corona-Krise zur Förderung nachhaltiger Wirtschaftsstrukturen zu nutzen.

Auch die EU-Kommission ist daran interessiert, einen Green Deal einzugehen. ,,Der Klimaschutz soll, neben der Digitalisierung, beim "Wiederaufbau''eine ganz zentrale Rolle spielen", sagt auch die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen.

"Nun hängt es an Deutschland"

Kommentar zur Kolumne "Nun hängt es an Deutschland" von Marcel Fratzscher

In Zeiten der Corona-Krise werden die Rufe nach mehr europäischer Solidarität laut. Der nationale Alleingang fast aller europäischen Länder sei einer der größten Fehler in der Corona-Krise gewesen, der viele Europäerinnen und Europäer das Leben gekostet habe, so Marcel Fratzscher. Während in Deutschland Intensivbetten freistünden, könnten Covid-Patienten in unseren Nachbarländern mangels intensivmedizinischer Betreuung nicht angemessen behandelt werden.

Vor allem, um einer langanhaltenden Depression in Europa entgegenzuwirken, sei eine Kehrtwende notwendig: Die europäischen Länder müssten mehr Verantwortung für die Union übernehmen. Die Europäische Union, so Fratzscher, verdiene ihren Namen nicht, wenn ihre Mitglieder in einer solchen Krise nicht zusammenhalten würden – auch finanziell. Der Wiederaufbau könne nur gemeinsam finanziert werden, indem die Mitgliedstaaten für ihre europäischen Nachbarn haften.

Diese Aussage wirft die Frage auf, wer diese Nachbarn sind, für die wir haften sollen. Sollten wir uns nur um unsere eigenen Landsleute kümmern? Wäre es nicht sinnvoll, erst uns selbst zu helfen, bevor wir unsere Nachbarländer unterstützen? Oder verstehen wir uns als vereintes Europa, in dem Nachbarschaft keine Frage der Staatszugehörigkeit mehr ist?

Die Finanzkrise Griechenlands, der dadurch entstandene Spalt zwischen den Euroländern sowie das Erstarken euroskeptischer Stimmen hat gezeigt, dass ein Zusammenschluss nur so stark ist wie das schwächste Glied der Kette. Der reine Selbstschutz verlangt es, die europäischen Nachbarländer zu unterstützen, denn die wirtschaftliche Rezession eines Landes hat Auswirkungen auf die gesamte Union.

Ein Zeichen der Solidarität wäre langfristig nicht nur der wirtschaftlichen Lage der Union dienlich, sondern könnte zudem auch den EU-Skeptikern aus dem rechtspopulistischen Lager den Wind aus den Segeln nehmen.

In Krisenzeiten ist zügiges Handeln erforderlich. Der erste Reflex der europäischen Mitgliedstaaten sollte Solidarität anstatt Grenzschließung sein, denn ebenso wenig, wie die wirtschaftliche Schieflage eines EU-Mitgliedstaates nur diesen selbst betrifft, hält der Corona-Virus sich an Grenzen.

Von Helin Tufan, Vanessa Hofmaier, Sophia Schultze, Laura Schulz, Lea Schwarz

Welche Vorschläge zu EU-Finanzhilfen gibt es bezüglich der Coronakrise?

Theo Geers: Streit um EU-Finanzhilfen in der Coronakrise (Deutschlandfunk, 22.04.2020)

Wie sollen die finanziellen Herausforderungen der Coronakrise bewältigt werden? Dieser Artikel bietet eine kurze Übersicht über bisherige Vorschläge:

Was sind Coronabonds?

Coronabonds sind Anleihen, die von den Euro- oder EU-Staaten gemeinsam aufgenommen werden, wordurch an den Kapitalmärkten eine bessere Bonität erreicht wird als zum Beispiel von Italien allein. Dadurch wird der Zinssatz niedriger, gleichzeitig haften allerdings Länder mit besserer Bonität gesamtschuldnerisch mit.

Die Bundesregierung ist gegen Coronabonds. Dies liegt daran, dass vor allem CDU/CSU der Meinung sind, dass jeder Staat in Europa für seine eigenen Schulden aufkommen muss. Des Weiteren besteht Sorge darüber, dass durch Coronabonds die Kreditaufnahme auf Kosten anderer Länder zur Normalität werden könnte. Ein weiterer Einwand ist, dass sich Coronabonds nicht für schnelle Finanzhilfen eignen würden, da die nötigen Gesetzesänderungen und die Einführung der Bonds an den Kapitalmärkten bis zu zwei Jahre dauern könnte.

Was ist der Unterschied zwischen dem ESM und Coronabonds?

Im Unterschied zu Eurobonds haftet beim ESM jeder Staat nur gemäß des Anteils, den er am ESM hat. Die Euro-Finanzminister haben beschlossen, dass von der Corona-Pandemie betroffene Staaten Kredite in Höhe von 2 Prozent ihres BIP vom ESM bekommen können. Hierbei würde auf Auflagen verzichtet und die Empfängerländer müssen nur zusagen, die Mittel für das Gesundheitswesen zu verwenden. Italien hat die ESM-Hilfen abgelehnt, da diese seit der Eurokrise mit einem Stigma behaftet sind.

Gibt es weitere Ideen, EU-Länder finanziell zu unterstützen?

Die Europäische Investitionsbank soll Kredite zu niedrigen Zinsen von bis zu 100 Milliarden Euro für mittelständische Unternehmen bereitstellen. Des Weiteren wurde beschlossen, dass die EU-Kommission Kredite über 100 Milliarden Euro aufnehmen kann, um damit Kurzarbeit zu finanzieren. Die EU-Finanzminister beschlossen, für die Zeit nach der Pandemie ein kreditfinanziertes europäisches Aufbauprogramm aufzuerlegen, welches ca. 500 Milliarden Euro umfassen soll.

Besserer, fairerer Handel durch Corona?

Björn Finke: Ein besserer Freihandel (Süddeutsche Zeitung, 29.04.2020)

Der Freihandel ist ein Erfolgsmodell der EU. Stolz wurden die Freihandelsverträge mit Mexiko und Lateinamerika geschlossen und sollten die EU im internationalen Wettbewerb weiter stärken. Mit dem Ausbruch der Pandemie wurden aber Grenzen geschlossen, Exporte von Regierungen verboten und die Rufe nach unabhängiger Produktion von z.B. Medizinprodukten und Arzneimitteln laut.

Viele Politiker fordern nun weniger Globalisierung, weniger Arbeitsteilung zwischen Staaten und mehr Produktion im eigenen Land: Bundestagspräsident Schäuble klagt an, dass man es mit "der Globalisierung übertrieben" habe. Frankreichs Präsident Macron nennt das Ausmaß der Fabrikverlagerungen und der Spezialisierung "untragbar". Die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen verlangt bei wichtigen Produkten mehr Unabhängigkeit von Einfuhren und fordert, dass Europa mehr selbst herstellen müsse.

Dennoch setzt Kommissar Hogan auf neue Handelsverträge, um der Wirtschaft nach der Pandemie zu helfen. Er schlägt nicht weniger freien Handel vor, sondern besseren: Die Krise muss zu einem Neustart für eine faire Handelspolitik werden.“ Europa soll durch ein EU-Lieferkettengesetz die Unternehmen verpflichten, für wichtige Produkte krisenfeste Zulieferernetze aufzubauen, um zu vermeiden, von einer Region abhängig zu sein. Gleichzeitig würde dies die Firmen zwingen, die Einhaltung von Sozial- und Umweltstandards weltweit einzuhalten. Ob dies nun Utopie bleibt oder ein Silberstreif ist, bleibt abzuwarten.

Montag, 4. Mai 2020

Zerstört die Corona-Krise die EU?

"Ich glaube die Stärke der EU ist einfach, dass es eigentlich keine bessere Idee gibt in Europa. Es gibt keine bessere Idee als die der Kooperation. Bei allen Krisen bisher […] hat sich herausgestellt, dass diese Idee sich immer wieder durchsetzt. Nicht vollkommen, aber die EU ist nicht so leicht umzubringen. Ich glaube, sie wird unterschätzt."
(Ulrich Ladurner, DIE ZEIT: Hinter der Geschichte)
In dem Podcast der ZEIT "Hinter der Geschichte" spricht der Brüssel-Korrespondent Ulrich Ladurner in der Folge "Corona weltweit: wie funktioniert die EU in der Krise?" über die Situation in Brüssel. Seiner Meinung nach trifft die Corona-Krise die EU, nach der Flüchtlings- und Eurokrise, am meisten. Er spricht auch von einem Kampf, Europa zu erhalten, und nennt dabei einige Problematiken innerhalb der Gemeinschaft. Zum Beispiel kritisiert er das Verhalten einiger Länder, die sich seiner Meinung nach nicht genügend mit den anderen Ländern beraten und mit Entscheidungen "voranpreschen".

Auch die so genannten "Corona-Bonds" werden zum Thema in dem Podcast. Ladurner findet es richtig, dass die Europäer gemeinsam für ihre Schulden geradestehen. Außerdem bekommt man durch Ladurner einen kleinen Einblick in den derzeitigen Arbeitsalltag in Brüssel.
https://open.spotify.com/show/3EJvuE45IIrYXgsfGRz7kx?si=A5ubX3X4RQWaSK9-muP8JQ

"Europas Stunde kommt noch"

Peter Müller: EU in der Coronakrise - Europas Stunde kommt noch (Spiegel, 29.03.2020)
"Ei­gent­lich wäre die­se Kri­se jetzt die Stun­de Eu­ro­pas und die Stun­de der EU-Kom­mis­si­on. Aber es ist merk­wür­dig still in Brüs­sel.“
Das sagte der bayerische Ministerpräsident, Markus Söder, vor gut einem Monat dem Nachrichtenmagazin Spiegel. Er bemängelte, dass die EU-Kommission beispielsweise weder etwas gegen die wiedereingeführten Grenzkontrollen unternehme, noch medizinische Hilfstransporte zentral regele.

Dabei hat die Kommission bei gesundheitspolitischen Fragen wenig Kompetenzen und „sie kann den Mitgliedsstaaten ebensowenig verbieten, Grenzkontrollen einzuführen". Auch sind es die einzelnen Mitgliedsstaaten, die eine große Entscheidungsmacht haben, wenn es um die zukünftige Abschwächung der Wirtschaftskrise geht (siehe Euro-Bonds), während die Kommission „nur als einer von vielen Akteuren am Tisch sitzt".

Kurzum: Wir sehen jetzt, mehr denn je, dass die EU-Kommission nur eine geringe Durchsetzungskraft besitzt und die Mitgliedsstaaten das finale Wort haben. Das Entscheidende sei aber, so schreibt Müller, dass die Stunde der EU noch komme, nämlich dann, wenn es um den Wiederaufbau gehe. Denn: "Die EU, das sind wir gemeinsam."

"Nationalismus ist kein Weg aus der Krise"

Es herrscht ein Wettbieten um Schutzmasken, es gibt keine einheitlichen Regelungen und die Schlagbäume sind wieder aufgestellt. Ist die EU der Verlierer und der Nationalismus der Gewinner in der Krise? In Spanien und Italien sinkt das Vertrauen in die EU durch die herrschende Uneinigkeit weiter und bei der hier angesprochenen Flüchtlingssituation in den griechischen Lagern herrscht Stillstand, obwohl gerade in dieser gesundheitlichen Ausnahmesituation dringender Handlungsbedarf besteht. Ein Video der WELT: Corona-Krise zerrt an Europa: EU-Länder im Alleingang – "Nationalismus ist kein Weg aus der Krise" - https://youtu.be/bbJfrGEAzOQ

Lehren aus der Corona-Krise für die EU

Paul Schmidt: The Covid-19 crisis: Ten takeaways for the EU; https://blogs.lse.ac.uk/europpblog/2020/04/08/the-covid-19-crisis-ten-takeaways-for-the-eu/

Kommentar: Paul Schmidt hat in seinem interessanten Artikel näher erläutert, was der Corona-Ausbruch für die EU bedeutet und bedeuten kann. Hierbei macht er deutlich, dass eine noch viel stärkere Zusammenarbeit in der EU nötig ist. International betrachtet, schließen Länder vermehrt ihre Grenzen und schränken die Grundrechte der Menschen ein, um die Ansteckungsrate möglichst gering zu halten und ihr Gesundheitssystem zu beschützen. Doch seiner Meinung nach ist die EU nur so stark, wie ihre Mitglieder sie sein lassen.

Er ist der Auffassung, dass schwierige Zeiten uns allen eine wichtige Lektion erteilen können. Hierzu hat er eine Liste erstellt, die insgesamt 10 Punkte enthält, die die EU durch die Krise bereits lernen konnte. Dort finden sich unter anderem ein Appell für einen gemeinsamen europäischen Gesundheitsraum, für ein grenzüberschreitendes Gesundheitsmanagement, für die Erneuerung des Krisennotfallplanes, für den gesicherten Zugang zum Finanzmarkt und für die Anpassung des EU-Budgets, für eine Zusammenarbeit bei nationalen, regionalen und EU-Richtlinien bezüglich der Corona-Pandemie und für den Ausbau der Forschung und der Forschungsgelder.

Es ist ein Test, welcher die Leute entweder zusammen oder auseinander bringt, allerdings hat die EU, seiner Meinung nach, die Kraft und das nötige Know-how, die Krise zu überwinden und sogar noch stärker aus ihr hervorzugehen.

"Ich würde es achtsame Globalisierung nennen"

Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen spricht im Interview mit der ZEIT vom 8. April 2020 über Digitalisierung, Corona-Bonds und den europäischen Green Deal. Interessant dabei ist, dass von der Leyen ganz offen über Veränderungen spricht, die bisherige rein wirtschaftliche Sicht auf die Globalisierung stark kritisiert und sich stark dafür einsetzt, nun auf gar keinen Fall am Klimaschutz zu sparen: "Das Digitale, das Klima und die Gesundheit werden von nun an immer mit am Tisch sitzen..."

Leider ist der Artikel bei ZEIT Online nur für Abonnenten zu lesen. Die komplette Ausgabe 16/2020 kann aber über die Onleihe als Digitalausgabe bezogen werden. Ein Blick, ob die örtliche Bibliothek bei diesem Projekt teilnimmt, lohnt sich auf jeden Fall! Wenn ja, ist das ganze für Euch völlig kostenlos.

Aktuelle Einschränkungen an den Grenzen innerhalb der EU

Daniel Brössler / Matthias Kolb: Wohin darf man noch reisen? (Süddeutsche Zeitung, 17.04.2020).

Zu den vier Freiheiten des europäischen Binnenmarktes gehört auch der freie Personenverkehr. Die junge Generation kannte Grenzkontrollen oder geschlossene Grenzen innerhalb der EU bisher nicht selbst. Bei vielen gehört die Reisefreiheit innerhalb der verschiedenen EU-Mitgliedsstaaten zum Grundverständnis.

Die Corona-Krise hat gezeigt, dass sich solch grundlegende Elemente, auch innerhalb der EU, rasch ändern können und plötzlich nicht mehr so selbstverständlich sind. Obwohl die Außengrenzen der EU abgeriegelt sind, gibt es an den einzelnen Ländergrenzen teilweise strenge Kontrollen.

Der Artikel geht darauf näher ein. Dabei bilden verschiedene Fragen, die sich stellen, die Unterpunkte. Die Frage, wohin man reisen darf, wird unter anderem mit „am besten nirgendwohin“ (Aussage der Bundesregierung) beantwortet. Natürlich ist dies momentan jedem klar. Jedoch wird darauf noch etwas spezifischer eingegangen.

Da sich herausstellt, dass die Länder Grenzkontrollen und Einreisebestimmungen jeweils unterschiedlich regeln, wird auch darauf eingegangen. Hier wird noch deutlicher, dass aktuell innerhalb der EU-Staaten ein Flickenteppich an unterschiedlichen Regelungen aus ebenso unterschiedlichen Gründen herrscht.

Auf die Frage, ob diese Kontrollen überhaupt erlaubt sind, kann keine eindeutige Antwort gegeben werden, jedoch wird darauf verwiesen, dass die EU-Kommission geltende EU-Verträge zu überwachen hat. Auch die Frage, wann Grenzen wieder geöffnet werden können, kann natürlich nicht klar und abschließend beantwortet werden. Jedoch spielt die EU-Kommission auch hier eine wichtige Rolle und sollte, wenn die Situation dies zulässt, auf die rasche Öffnung der Grenzen innerhalb des Schengen-Raums bestehen.

Die aktuelle Entwicklung zeigt, dass "Selbstverständlichkeiten" auch innerhalb der EU nicht selbstverständlich sind. Dessen sollten wir uns bewusst sein.

Weitere Artikel zum Thema:

Wie Europa die Corona-Krise als Chance begreifen könnte

Im Podcast (Apple-Podcasts-LinkSpotify-Link) der Süddeutschen Zeitung vom 24.04.2020 wird über die Thematik des Hilfspakets der Europäischen Union berichtet. Außerdem ist die Politologin Ulrike Guérot zu Gast, welche einige interessante Thesen aufstellt, die mich an die Pflichtlektüre zur ersten Seminarsitzung „Europa Countdown“ von Robert Menasse (2014) erinnern. Zur Person Ulrike Guérot:
  • Professorin für Politikwissenschaften an der Donau-Universität Krems (Österreich); Leiterin des Departments für Europapolitik und Demokratieforschung 
  • Setzt sich für eine europäische Republik ein 
Folgende Thesen stellt Ulrike Guérot auf (sinngemäß zusammengefasst):
  • „Wir haben seit ungefähr zehn Jahren den Reflex verloren, in Europa aus Krisen Vergemeinschaftung zu machen.“ 
  • „Wir nutzen Krisen immer mehr zur Nationalisierung. Das halte ich für problematisch.“ 
  • „Südländer klagen Solidaritätsbeweis berechtigterweise ein.“ 
  • „Framing ist gefählich: z.B. „die Deutschen helfen den Italienern“. Es geht nicht darum, wer wem hilft, sondern jetzt geht es um den Schutz der Währung und der Stabilisierung des Binnenmarkts.“ 
  • „The European Way of Life der letzten zehn Jahre wird „kaputt“ gemacht: Verbale Auseinandersetzungen an der deutsch-französischen Grenze. Wir stabilisieren einen europäischen Kulturraum, nicht nur den Binnenmarkt.“ 
  • „Wir können nicht mehr sagen, dass uns die Innenpolitik der EU-Staaten nicht zu interessieren hat. Im Gegenteil, das muss uns interessieren.“ 
  • „Wir müssen verstehen, dass aus diesem europäischem Währungs-, Kultur- und Marktraum ein politischer Raum gemacht werden muss.“ 
Podcast-Beschreibung
Titel: Wie Europa die Corona-Krise als Chance begreifen könnte
Untertitel: Beim EU-Gipfel wird ein Hilfspaket in Höhe von 540 Milliarden Euro beschlossen. Damit kann man etwas anfangen, sagt die Politologin Ulrike Guérot. Apple-Podcasts-LinkSpotify-Link